Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 1. Staatsexamen – Niedersachsen vom Juli 2021

Prüfungsfach:  Zivilrecht

Gedächnisprotokoll:

K ist auf der Suche nach Grundstück mit Einfamilienhaus. V bietet in einer Zeitungsanzeige ein solches Grundstück bebaut mit einem Einfamilienhaus an. V und K besichtigen Grundstück und schätzen Wert auf 460.000€ nach äußerem Erscheinungsbild. Kaufpreis wird sodann auf 500.000€ vereinbart, da K viel am Grundstück liegt und er dem Kaufpreis stunden möchte. K und V schließen sodann notariell beurkundeten Kaufvertrag über Grundstück zu Kaufpreis von 500.000€ ab. Dabei bestellt K dem V auch eine Grundschuld an dem Grundstück zur Sicherung der Kaufpreisforderung. Außerdem wird dingliche Auflassung erklärt. Eigentumsübergang und Grundschuld werden im Grundbuch einen Monat später eingetragen. An diesem Tag erfolgt auch die Übergabe der Hausschlüssel. K hat Sorge, dass er aufgrund Probleme mit seiner Bank den Kaufpreis nicht zahlen kann. Der Kaufpreis ist vereinbarungsgemäß erst im Jahr 2021 fällig. Auch die Grundschuld wird bis auf Abschluss des Jahres 2021 zwischen V und K in mündlicher Vereinbarung gestundet. Im Jahr 2020, mittlerweile mehr als zwei Jahre später will K das Haus ausbauen. Dabei prüft ein Architekt die Bodenreinheit und stellt Giftmüllbefall im gesamten Grundstücksboden fest. Dadurch werden auch die Bewohner des Grundstücks durch den Giftmüll gefährdet. Eine Entfernung der Altlasten unter dem Haus ist nur durch Abriss und Neubau des Hauses möglich. Durch die Bodenkontamination beträgt der objektive Grundstückswert lediglich 200.000€. K stellt V zur Rede. Dieser sagt wahrheitsgemäß er habe vom Altlastbefall nichts gewusst. Außerdem solle K sich überlegen, ob er Forderungen geltend machen will, da dadurch erhebliche Kosten durch den Abriss und Neubau des Hauses in Höhe von 300.000€ entstehen würden. Ein wenig später besucht die Nichte N den K und ist überrascht, dass V der Verkäufer ist. N kennt V, da sie im Jahr 2017 einen Autounfall hatte, an dem V auch beteiligt war. V hat N damals Halter und Fahrer mit seinem KfZ der N die Vorfahrt genommen und dadurch – für N unabwendbar – das damalige Fahrzeug der N zerstört – Totalschaden im Wert von 21.000€. N hat die Forderung nie gegenüber V geltend gemacht, da sie ihn ohnehin für mittellos gehalten hatte. Nun, da er offensichtlich liquide ist, möchte sie trotzdem lieber Onkel K helfen. Dafür verfasst sie am 01.09.2020 ein Schreiben, in dem sie ihren Anspruch gegen V wegen Ersatz der Schäden an ihrem damaligen Auto aufgrund des Verkehrsunfalls dem K überlässt. Anschließend Anfang 2021 als die Fälligkeit der Kaufpreisforderung näher rückt, lässt K dem V durch Schreiben seines Rechtsanwalts R folgendes mitteilen: 1) K wird den Kaufpreis nicht zahlen, da er sich wegen der Altlasten nicht mehr am Vertrag festhalten möchte. Eine Entfernung der Altlasten würde bis zu einem Jahr dauern, was K nicht zuzumuten wäre. 2) Vorsorglich rechnet K mit dem Schadensersatzanspruch, den N ihm abgetreten hat auf. Eine Kopie der Abtretungserklärung wird mitgeschickt. R schickt dabei eine Kopie der Vollmachtsurkunde mit. V weist die geltend gemachten Erklärungen des K zurück und hält vor, Rechtsanwälte hätten immer ein Original der Vollmachtsurkunde mitzusenden. Außerdem seien die Ansprüche ohnehin nichts wert, da mittlerweile zu viel Zeit vergangen sei. Des weiteren sucht sich V ein Traumhaus auf einem Traumgrundstück, das dem Z gehört. Zur Finanzierung des Kaufpreises tritt V dem Z den Kaufpreiszahlungsanspruch des K in einem formwirksamen Kaufvertrag erfüllungshalber an Z ab. Z soll sich erfüllungshalber bei K befriedigen können. Zudem wird Z die Grundschuld des V abgetreten und ihm der Grundschuldbrief übergeben. Dabei hat Z weder Kenntnis von den Altlasten auf dem Grundstück noch von der Aufrechnung des K oder der Stundung der Grundschuld bis Ende 2021 Aufgaben: Frage 1) Hat Z gegenüber K einen Zahlungsanspruch in Höhe von 500.000€? Dabei ist die Aufrechnung außer Acht zu lassen. Frage 2) Z hat K mittlerweile auf Zahlung verklagt. Das Gericht will dem Anspruch dem Grund nach stattgeben. Hat K die Möglichkeit, im Prozess zumindest durch eine Aufrechnung den Anspruch teilweise abzuwenden? Frage 3) Z nimmt K nun aus der Grundschuld auf Duldung der Zwangsvollstreckung in Anspruch. Besteht für K die Möglichkeit, dem Z die Bodenkontamination, die Aufrechnung oder die Stundung der Grundschuld entgegenzuhalten?

Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Juli 2021 im ersten Staatsexamen in Niedersachsen. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.