Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im April 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsfach: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 | 4 |
Vorpunkte | 21 | 24 | 26 | 29 |
Zivilrecht | 6 | 5 | 6 | 6 |
Strafrecht | 6 | 5 | 6 | 6 |
Öffentliches Recht | 6 | 5 | 6 | 6 |
Endpunkte | 6 | 5 | 6 | 6 |
Endnote | 4,4 | 4,1 | 4,8 | 5,3 |
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer begann mit dem Prüfungsgespräch und sagte er knüpfe jetzt an unseren Strafrechtsvortrag an. Dieser war so: A fährt mit seinem Auto zu seiner Berufsschule. Er möchte seine Freunde dort beeindrucken und zu diesem Zweck seine Reifen durchdrehen lassen. In einer scharfen, unübersichtlichen Kurve (wegen Heckenbewuchses) beschleunigt er auf 60 km/h. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 30 km/h. Die Reifen drehen durch, das Auto kommt ins Schleudern, A kann das Auto nicht mehr kontrollieren. Das KFZ prallt auf der rechten Fahrbahnseite gegen den Bordstein. Nur weil zufällig an dieser Stelle der Bordstein besonders hoch ist, prallt der Reifen davon an und das KFZ gelangt wieder auf die Straße. Sonst wäre A in die an einer Bushaltestelle wartende Schülergruppe hinein gefahren. An den Felgen des A ansteht ein erheblicher Sachschaden. Weiter passiert nichts. A fährt sodann ohne zu Warten weiter. Auf seinem weiteren Weg schrammt der A beim Vorbeifahren das KFZ des E. Es entsteht dadurch ein Sachschaden in Höhe von 3000€ zu Lasten des E. E hat das beobachtet. A hält an und kommuniziert mit E. Er gibt jedoch einen falschen Namen an, damit er seine Probezeit nicht verlängert bekommt. An Vorteile für seine KFZ-Versicherung denkt er dabei nicht. Der E vertraut dem A und verzichtet darauf, die Polizei zu holen. Nun fährt A weiter. Wie hat sich A strafbar gemacht? § 164 StGB ist nicht zu prüfen. Zu prüfen war: Im ersten Tatkomplex § 315 c StGB, § 315 b StGB, § 142 StGB und im zweiten Tatkomplex § 142 StGB und § 263 StGB. Nur begann der Prüfer mit der ersten Frage. F: Sie sind nun die Staatsanwältin. Der Sachverhalt aus dem Vortrag liegt vor, wir unterstellen eine Strafbarkeit gem. § 315c StGB und § 142 StGB. Was tun sie? A: Gem. § 170 StPO. Klage einstellen oder Klage erheben. F: Wann erheben sie Klage? A: Der erste Prüfling wusste es nicht, der zweite konnte den hinreichenden Tatverdacht nennen, jedoch nicht definieren. Somit bekam nun ich die Chance: Hinreichender Tatverdacht liegt vor, soweit eine Verurteilung wahrscheinlicher ist als ein Freispruch.
F: Richtig. Und wie würde das mathematisch aussehen? A: Bei einer Wahrscheinlichkeit von über 50%. F: Der Prüfer gefiel meine schnelle Antwort sichtlich (Er möchte Definitionen und Schlagwörter hören!) und er fragte weiter: Wo würden sie denn anklagen? A: Dies bestimmt sich nach dem Strafrahmen, der Strafgewalt und bei Katalogtaten nach der gesetzlichen Anordnung. Hier liegt der Strafrahmen zwischen einer Geldstrafe und 5 Jahren Freiheitsstrafe ACHTUNG FALSCH!!! Hier wurde ich korrigiert!!! Ein Strafrahmen braucht ja sinngemäß einen Anfang und ein Ende, nach der StPO beginnt der Strafrahmen einer Freiheitsstrafe bei einem Monat!!! Sodann erklärte ich weiter das sich dies nach der GVG bestimmt und hier ein Vergehen vorläge, welches eine Straferwartung von unter zwei Jahren hätte (Der Prüfer wollte noch darauf hinaus, dass hier mir einer schmerzlichen Geldstrafe zu rechnen war) und ich somit gem. § 24 GVG beim Strafrichter anklagen würde. Dann sprach ich noch kurz an, dass die Strafe wohl geringer ausfallen würde, falls beim Jugendrichter angeklagt werden würde (A führ laut des Sachverhalts schließlich zur Berufsschule!) Der Prüfer hatte mit dieser Zusatzantwort ersichtlich nicht gerechnet. Noch ein Tipp: Er verfolgt auch jede falsche oder Zusatzantwort die Ihr gebt! Das kann man auch für sich nutzen 😉 Jedenfalls erläuterte ich dann auf Nachfrage weiter, dass der Jugendrichter bis 21 Jahre zuständig sein kann und dass eben der Erziehungszweck und die Zukunft des jungen Menschen bei der Strafe mit berücksichtigt wird. F: Nun war der nächste Prüfling an der Reihe. Wie geht es weiter? A: Der Strafbefehl gem. § 407 StGB und die Einstellung gem. § 153 StPO wurden genannt und erörtert. Weiterhin wurde darauf eingegangen, dass eine öffentliche Anklage stattfinden würde, da die Öffentlichkeit betroffen ist (§ 315 c als gemeingefährliches Delikt) F: Welchen Sinn hat Strafe? A: Generalprävention und Spezialprävention F: Was könnte der Richter im Rahmen der Strafe in diesem Fall noch tun? A: § 44 StGB Fahrverbot oder § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis F: Wo liegt der Unterschied? A: Nebenstrafe und Maßregel der Sicherung und Besserung wurden erörtert und die Unterschiede herausgestellt F: Nun folge ein neuer Abschnitt in der Prüfung. A fährt Auto und mit 1,1 Promille. Strafbarkeit? A: § 316 StGB? Keine Ausfallerscheinungen. Hier wurde diskutiert, dass ja kein Vorsatz vorliegt -> Fahrlässigkeit. F: Wo sind die BAK festgelegt? A: Nun bekam ich noch eine Chance und durfte erläutern, dass der BGH dies in einer Entscheidung festgelegt hätte (Unwiderleglichkeit ab 1,1 BAK) Ich wurde weiter mit recht spitzen Fragen gelöchert, ob der Gesetzgeber das denn einfach so machen könne. Ich erläuterte, dass dies von verschiedenen Faktoren abhängig sei und der Wert bei Binnenschiffern in der Rspr. schwankt und es auch in der Diskussion sei den Promille-Wert bei Radfahrern zu ändern. Der Prüfer fragte natürlich sofort nach, wie genau. Von 1,6 Promille auf 1,1 Promille, zur Harmonisierung des Wertes mit dem für ein KFZ. Damit war die Prüfung auch schon beendet. Viel Erfolg, in 3 Wochen habt ihr es geschafft! 🙂
Du suchst die optimale Vorbereitung auf deine Mündliche Prüfung?
Du suchst Gesetzestexte und Kommentare für deine Mündliche Prüfung und den Aktenvortrag? Schau mal bei JurCase.com vorbei, denn da gibt es die gesuchte Fachliteratur zur kostengünstigen Miete oder auch zum Kauf.