Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom Juni 2022

Prüfungsfach:  Zivilrecht

Gedächnisprotokoll:

Zwei Kläger (ein Ehepaar) verklagen einen Beklagten im Februar 2022 vor dem Landgericht Ulm. Zwischen den Parteien wurde im Frühjahr 2021 ein notariell beurkundeter Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung geschlossen, zum Preis von 450.000 €. Der Beklagte ist Bauhandwerker, momentan im Gartenbau tätig. Vor Vertragsschluss wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass im Schlafzimmer immer wieder Feuchtigkeit an einer Wand auftritt. Im notariellen Kaufvertrag wurde eine Klausel aufgenommen, die sinngemäß so lautete: „Den Käufern ist bekannt, dass es im Schlafzimmer immer wieder zu Feuchtigkeit kommt. Sollte bis zum 31.12.2021 wieder Feuchtigkeit auftreten, so verpflichtet sich der Käufer, die Feuchtigkeit auf eigene Kosten zu entfernen. Im Übrigen werden Mängelgewährleistungsansprüche zwischen den Parteien ausgeschlossen.“ Vor dem 31.12.2021 trat dann tatsächlich wieder Feuchtigkeit im Schlafzimmer auf. Die Kläger forderten den Beklagten unter Fristsetzung zur Beseitigung auf, dieser kam dem jedoch nicht nach. Die Kläger ließen die Feuchtigkeit auch nicht durch jemand anderen entfernen. Sie verkauften die Eigentumswohnung Ende 2021 aber für 475.000 € an Herrn Müller. Dort nahme sie folgende Klausel in den Kaufvertrag auf: „Dem Käufer ist bekannt, dass es im Schlafzimmer immer wieder zu Feuchtigkeit kommt. Der Käufer verzichtet auf Mängelgewährleistungsansprüche und die Verkäufer (das Ehepaar) bleiben zur Geletendmachung des Anspruchs wegen der Feuchtigkeit gegen den Beklagten weiterhin befugt.“ Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 7.000 € zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen, dies sind die nach einem eingeholten Kostenvoranschlag erforderlichen Kosten zur Beseitigung der Feuchtigkeit. Die Kläger beantragen in ihrer Klage Erlass eines Versäumnisurteils, sollten dessen Voraussetzungen vorliegen. Die zuständige Einzelrichterin bestimmt die Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens und setzt dem Bekagten eine Frist zur Verteidigungsanzeige binnen 2 Wochen, welche der Beklagte ohne etwas zu unternehmen verstreichen lässt. Nach Ablauf der zwei Wochen ergeht ein antragsgemäßes Versäumnisurteil, welches dem Beklagten am 18.3.22 und dem Klägervertreter am 19.3.22 zugestellt wurde. Der nunmehr bestelle Porzessbevollmächtigte des Beklagten legt mit Schriftsatz vom 4.4.22, eingegangen am gleichen Tag beim Landgericht Ulm, Einspruch gegen das VU ein. Im „Rubrum“ des Einspruchs ist im Akzenzeichen des VU’s ein Zahlendreher drin, bei „lege ich Einspruch gegen das VU vom Landgericht Ulm vom 16.3.22 ein und werde folgende Anträge stellen: das VU des LG Ulm vom 16.3.22, Az.“ und dann wird dort das richtige Aktenzeichen ohne Zahlendreher genannt. Der Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Ulm, sein Mandant sei am 1.3.22 nach Ellwangen (Jagst) gezogen, welches laut Bearbeitervermerk über ein eigenes Amts- und Landgericht verfügt. Ich habe mir das Datum der Klagezustellung an den Beklagten nicht aufgeschrieben, ich meine es war der 26.2.22, aber auf jeden Fall erfolgte die Zustellung vor dem Umzug des Beklagten nach Ellwangen. Der Beklagte trägt weiter vor, er stelle alles unstreitig was die Kläger vortragen und alles stimme was die Kläger vortragen, auch die Höhe der Kosten zur Beseitigung von 7.000 € seien angemessen und erforderlich, er würde aber aus Rechtsgründen nicht haften, da die Kläger keinen Schaden hätten, da sie sogar Gewinn mit dem Weiterverkauf gemacht hätten, sie dürften aber aus der Feuchtigkeit keinen Gewinn ziehen. Die Kläger erweitern daraufhin ihre Klage in einem weiteren Schriftsatz um einen weiteren Antrag der lautet, den Beklagten zur Zahlung weiterer 8.000 € zu verurteilen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: die Kläger haben den Beklagten im Frühjahr 2021 beauftragt, an der von ihm gekauften Wohnung eine Natursteinterrasse zu errichten. Dies hat er dann auch getan, Terrasse wurde abgenommen und der Lohn gezahlt, kurz nach Abnahme zeigten sich Risse in den Steinen und die Terrasse war durchnässt und der Putz an der Terrasse bröckelte ab. Bezüglich der Terrasse wurde im Kaufvertrag mit Herrn Müller wie mit der Feuchtigkeit verfahren, also Mangelausschluss und Ehepaar bleibt zur Geltendmachung berechtigt. Beklagter antwortet auch darauf, dass alles unstreitig ist, auch dass der Mangel vorliegt, aber er aus den gleichen Gründen wie beim ersten Klageantrag nicht zur Zahlung verpflichtet ist. Schaden wurde auch hier nicht von jemand anderem ausgebessert und Terrasse wurde mitsamt der Wohnung an Herrn Müller verkauft. Außerdem sei der Einspruch wegen dem Zahlendreher verfristet. Gericht weist darauf hin, dass wegen dem Zahlendreher der Einspruch erst 2 Tage nach dem 4.4.22 zur richtigen Akte gelangt ist, weil in dem bezeichneten Urteil im Rubrum der Einspruchsschrift kein VU ergangen ist und dies erst 2 Tage später entdeckt wurde. Es kommt zur mündlichen Hauptverhandlung, dort erklärt der Beklagte, dass er einen Tag vor der mündlichen Verhandlung die 7.000 € plus Zinsen an den Gerichtsvollzieher gezahlt hat als dieser seinen Flatscreen TV pfänden und gegen einen Röhren TV ersetzen wollte. Er habe dabei aber protestiert und wörtlich gesagt: (sinngemäß von mir wieder gegeben) „so eine Scheiße! Ich zahle aber ich werde mir mein Geld schon wieder zurück holen!“ (ich denke, die Prüfer wollten auf die Erfüllungswirkung von Zahlungen unter Vorbehalt hinaus). Daraufhin rügt der Beklagte nochmals die Zuständigkeit des LG Ulm für beide Klageanträge, der Klägervertreter erklärt den ursprünglichen Klageantrag (Zahlung 7.000 €) für erledigt und stellt den Antrag auf Zahlung von 8.000 €, der Beklagtenvertreter widerspricht der Erledigungserklärung und beantragt vollumfängliche Klagabweisung. Die Entscheidung des Gerichts war zu entwerfen, erlassen waren Rubrum, Tatbestand, Rechtsbehelfsbelehrung und Streitwertbeschluss, ein Kalender für die Monate März und April 2022 war mit abgedruckt.

Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Juni 2022 im zweiten Staatsexamen im Baden-Württemberg. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.