Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Bayern vom Dezember 2020

Bei den nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Dezember 2020 im zweiten Staatsexamen in Bayern. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsfach:  Strafrecht

Gedächtnisprotokoll:

Angeklagter: A, seit 2.11.20 in U-Haft in der JVA Würzburg aufgrund Haftbefehls des AG Würzburg vom 31.10.20
Tatkomplex 1:
Anklage:
Am 12.09.20 gegen 14 Uhr hielt sich A auf der L-Straße in Würzburg vor einer Sparkassenfiliale auf. Dort wartete er auf die Gelegenheit, ein möglichst hochwertiges Kfz entwenden zu können. Zu diesem Zweck hatte A zum einen einen Funkstörsender dabei, mit welchem ein Kfz unmittelbar nach dem Verriegeln wieder entriegelt werden kann. Zum anderen hatte A zuvor im Vorraum der Sparkassenfiliale einen Reichweitenverlängerer deponiert, welcher bewirkt, dass sich die Reichweite des Funksignals des sog. Keyless-Go-Systems eines Kfz auf bis zu 200m verlängert. Verfügt ein Fahrzeug über ein Keyless-Go-System, lässt es sich auch ohne Einstecken des Autoschlüssels per Knopfdruck starten, sofern sich der Schlüssel in einem bestimmten Radius um das Fahrzeug befindet.
Um 14.15 Uhr parkte der Geschädigte T seinen Audi Q7 im Wert von 105.000 € vor der Sparkassenfiliale, stieg aus und betätigte die Verriegelungstaste an seiner Funkfernbedienung, um den Wagen zu verschließen. In diesem Moment aktivierte A den Funkstörsender. Dies bewirkte, dass der Audi des T unmittelbar nach der Verriegelung wieder entriegelt wurde. T bemerkte hiervon nichts und betrat die Sparkassenfiliae. Sodann stieg A in den Wagen des T und aktivierte den Reichweitenverlängerer, sodass es ihm, weil sich T mitsamt dem Autoschlüssel noch in der Nähe befand, möglich war, den Wagen auf Knopfdruck zu starten. A fuhr mit dem Wagen davon, um diesen für sich zu behalten.
Einlassung des A hierzu:
A gibt zu, dass er das Auto in der beschriebenen Weise entwendet hat.
Aussage des Zeugen T hierzu:
T bestätigt das in der Anklage beschriebene Geschehen. Er gibt an, nicht sicher zu sein, ob das Auto sich nach Betätigen des Verriegelungsknopfes auf seiner Fernbedienung tatsächlich verschlossen habe. Er habe aus der Sparkassenfiliale aber beobachtet, wie jemand mit seinem Wagen wegfuhr und sei sich sicher, dass dies der A war. Den Wagen habe er am 22.09.20 von der Polizei zurückerhalten, wobei der Kilometerzähler 500km mehr angezeigt habe und er bei Audi 1.500 € für die Anfertigung neuer Schlüssel habe bezahlen müssen. Der Audi habe neu 120.000 € gekostet und sei erst wenige Wochen alt gewesen. Ein Sachverständiger von Audi habe den jetzigen Wert auf 105.000 € geschätzt.
Aussage des Zeugen M (Sachbearbeiter bei der Polizei) hierzu:
M gibt an, bei einer Wohnungsdurchsuchung bei A den Wagen des T beschlagnahmt zu haben. In der Wohnung habe man auch zwei neue Fahrzeugschlüssel für den Wagen gefunden, die am 17.09.20 angelernt worden waren. Außerdem habe man einen Funkstörsender und einen Reichweitenverlängerer gefunden. Allerdings funktioniere der bei A gefundene Störsender so, dass er bereits verhindere, dass ein Kfz überhaupt verschlossen werden könne, indem er das Verschlusssignal unterbreche.
Tatkomplex 2:
Anklage:
Am 20.10.2020 parkte A gegen 14 Uhr seinen Opel Vectra im Bereich eines von der Stadt Würzburg betriebenen Parkscheinautomaten, in dem das Parken nur mit Parkschein zulässig ist. Um die Kontrolleure des Ordnungsamtes zu täuschen, legte A einen Parkschein vom 4.10.20 hinter die Windschutzscheibe, auf dem er das Datum so überklebt hatte, dass der 20.10.20 als Datum ausgewiesen wurde. Anschließend parkte A dort zwei Stunden.
Die StA bejaht diesbezüglich das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung
Einlassung des A hierzu: möchte sich nicht äußern
Aussage des Zeugen M hierzu:
Von der Verwendung des falschen Parkscheins durch A habe man nur von dessen Ehefrau K erfahren. Diese sei am 25.10.20 bei M auf der Polizeiwache erschienen und habe mitgeteilt, sie wolle gegen A nach einem Streit nun Anzeige erstatten. K habe berichtet, dass A wie in der Anklage beschrieben unter Verwendung des überklebten Parkscheins geparkt habe. Dies habe A getan, um Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu täuschen und keinen Strafzettel zu bekommen. M berichtet, dass eine Nachfrage beim Ordnungsamt der Stadt Würzburg ergeben habe, dass diese nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten einsetzt werden. Nicht feststellbar war, ob der überklebte Parkschein am besagten Tag von einem Kontrolleur wahrgenommen worden war. Für eine Parkzeit von zwei Stunden wäre eine Parkgebühr von 3 € angefallen.
Aussage der Zeugin K (Ehefrau des A) hierzu:
K wird auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen. K will nicht aussagen und erklärt, sie wolle auch ihre Aussage und die Anzeige bei der Polizei am 25.10.20 zurückziehen. Bei der Erstattung der Anzeige sei sie nicht auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen worden.
Tatkomplex 3
Anklage:
Am 22.20.20 fuhr A gegen 14 Uhr mit seinem Opel Vectra auf der Landstraße von Würzburg in Richtung Winterhausen. Vor ihm fuhr der Geschädigte N, der nach Ansicht des A zu langsam fuhr, was den A ärgerte. A beschloss daher, den N zum Anhalten zu zwingen. Zu diesem Zweck überholte A den N mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h und bremste sodann an einer Engstelle, an der kein Überholen möglich ist, plötzlich stark bis zum völligen Stillstand ab, sodass N auch scharf abbremsen musste, um eine Kollision zu vermeiden. Dabei betrug der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen zunächst 15-20 m und verringerte sich durch den Bremsvorgang dann so weit, dass beide Fahrzeuge im Abstand von nur wenigen Metern zum Stehen kamen und ein Zusammenstoß nur durch die schnelle Reaktion des N vermieden wurde. Aus einem spontanen Entschluss heraus stieg A sodann aus und beschimpfte den N als „Arschloch“. Durch sein Verhalten hat sich A zum Führen von Kfz als ungeeignet erwiesen. N hat form- und fristgerecht Strafantrag gestellt.
Einlassung des A hierzu:
A gibt an, zu keinem Zeitpunkt damit gerechnet zu haben, dass es zu einem Unfall kommen könnte. Im Übrigen macht er keine Angaben.
Aussage des Zeugen N:
N gibt an, am 22.10.20 auf der besagten Landstraße statt erlaubten 100 km/h wegen starken Regens nur 80 km/h gefahren zu sein. N bestätigt den in der Anklage beschriebenen übrigen Verlauf des Geschehens und gibt an, seine Dashcam habe alles aufgezeichnet. An das, was A nach dem Aussteigen zu ihm gesagt habe, könne er sich aber nicht erinnern, wenn er aber in der Vernehmung bei der Polizei gesagt habe, der A habe ihn als „Arschloch“ bezeichnet, werde das wohl so gewesen sein.
Aussage des Zeugen M hierzu:
Die Dashcam wurde ausgelesen. Diese zeichnet ohne Anlass dauerhaft auf und speichert immer die letzten 4 Stunden der Aufzeichnung.
Die Dashcam zeigt das in der Anklage beschriebene Geschehen. Den Wortwechsel zwischen A und N hat sie aber nicht aufgezeichnet. Der Verteidiger des A widerspricht der Verwertung der Aufzeichnung.
Angaben des A zur Person: Ich verdiene in einer Logistikfirma 2.100 € netto im Monat.
Das BZR weist für A keine Einträge auf.
Bearbeitervermerk:
Der Schlussvortrag der StA in wörtlicher Rede ist zu entwerfen. Es ist davon auszugehen, dass der Stadt Würzburg aufgrund des Parkens ohne Parkschein kein Anspruch auf Zahlung der Parkgebühr zusteht. Es ist davon auszugehen, dass Wohnungsdurchsuchung und Beschlagnahme rechtmäßig waren. Es ist weiter davon auszugehen, dass die Dashcam-Aufzeichnung gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstößt und rechtswidrig ist.