Bei dem nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Juli 2018 im zweiten Staatsexamen in Bayern. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsfach: Öffentliches Recht
Gedächtnisprotokoll:
Teil I: Herr Glück (G) betreibt ein IT-Dienstleistungsunternehmen, das Gegenstand einer Betriebsprüfung war. Die Feststellungen des Prüfers bezogen sich auf folgende Sachverhalte: Zum zwei- jährigen Bestehen des Unternehmens sowie zu seinem 35. Geburtstag veranstaltete G eine einheitliche Feier mit 300 Gästen. Die Teilnehmer setzten sich aus Freunden, Verwandten und Kunden zusammen, so dass die Abziehbarkeit des gemischten Aufwands bzw. seine Aufteilbarkeit (§§ 4 IV, 12 Nr. 1 S. 2 EStG) zu erörtern war. Bei dem von G erworbenen Porsche vermutete der Betriebsprüfer, dass dieser auch privat genutzt werde, weshalb ggf. eine Nutzungsentnahme anzusetzen war (§ 6 I Nr. 4 S. 2, 3 EStG). Die Beträge (Kaufpreis, Listenpreis etc.) waren angegeben. Zu diskutieren war, inwieweit diese Vermutung entkräftet werden kann (z. B. durch die Behauptung, der Wagen werde nicht privatgenutzt, oder auch durch die Tatsache, dass ein weiteres Fahrzeugzur Verfügung stand, das jedenfalls auch privat genutzt wurde). G wurde vom Betriebsprüfer aufgefordert, ab dem Jahr 2019 Bücher zu führen (§ 141 AO). Problematisch war, ob Einkünfte nach § 15EStG oder § 18 EStG („ähnlicher Beruf“?) erzielt werden. Kam manzu § 15 EStG, waren in der Folge die Umsatz- und Gewinngrenzen des § 141 AO subsumieren. Das Finanzamt war der Auffassung, G sei einzeln und nicht zusammen zu veranlagen (§§ 26 ff. EStG). G war im Jahr 2016 bis November mit seiner Frau S verheiratet, wobei diese im Juni aus der gemeinsamen Ehewohnung auszog und im Dezember 2016 ihren neuen Lebensgefährten heiratete.G lebte seit Juli 2016 mit Herrn M in einer gemeinsamen Wohnung.Mit diesem begründete er im Januar 2017 eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Insofern war eine Zusammenveranlagung mit M erst ab 2017 möglich (§§ 2 VIII, 26b EStG). Hinsichtlich der Zusammenveranlagung mit S stellte sich das Problem des § 26 I 2 EStG.
Teil II: G wollte gegen die Feststellungen des Betriebsprüfers vor- gehen. Es war zu diskutieren, wie der Prüfungsbericht (§ 202 AO) verfahrensmäßig zu qualifizieren ist. Da der Einspruch unstatthaft ist (mangels VA-Eigenschaft; §§ 118, 347 I Nr. 1 AO), konnte erst gegen den anschließenden Steuerbescheid vorgegangen werden.Dabei war auch die Frage der ordnungsgemäßen Bekanntgabe der Prüfungsanordnung (§§ 122, 196 f. AO; Bekanntgabe lag aber vor Prüfungsbeginn) unter dem Blickwinkel der evtl. Unverwertbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse und dem erklärten Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) zu erörtern.
Teil III: G hatte im Jahr 2008 ein unbebautes Grundstück sowie ein Kontoguthaben geerbt. Beides hielt der Erblasser im Privatvermögen (Anschaffung des Grundstücks im Jahr 1972). Im Jahr 2013 bebaute G das Grundstück mit einer Halle; fortan wurde es ausschließlich betrieblich genutzt (Einlage zum Teilwert nach § 6 I Nr. 5 EStG und im Anschluss jährliche Abschreibungen der Halle, § 7 IV EStG). Im Jahr 2017 schlug der Blitz in die Halle ein und zerstörte sie. Damit musste ihr Restbuchwert als AfaA nach § 7 I 7 EStG außerordentlich abgeschrieben werden. Der verbliebene Grund und Boden des Grundstücks wurde veräußert; die Wertsteigerung (seit Einlage) wurde als Gewinn realisiert (§ 4 III 4 EStG). Der Veräußerungserlös aus dem betrieblichen Grundstück, weitere betriebliche Barmittel sowie der Spekulationsgewinn aus einem privaten Aktiengeschäft (§ 20 II Nr. 1 EStG) wurden in den Kauf eines größeren betrieblich genutzten Lagergrundstücks reinvestiert. Mit Blick auf den Anteil aus dem Privatvermögen lag er- neut eine Einlage vor. Darüber hinaus musste G zum Erwerb ein Darlehen aufnehmen, so dass zu erörtern war, wie Zins, Tilgung und Damnum (§ 11 II S. 3-6 EStG) beim § 4 III-Rechner zu behandeln sind.