Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Hamburg vom Oktober 2021

Prüfungsfach:  Öffentliches Recht

Gedächtnisprotokoll:

Verein meldet als Versammlungsleiter Versammlung an. Der Verein steht in Bezug zu rechtsextremen Hooligan Szenen. Der Aufzug soll an einem Ehrenmal für Wehrmachtssoldaten entlangführen, durch eine migrantisch geprägte Wohngehend führen, vorbei an einem Asylbewerberheim. Es soll eine Hooligan-Band spielen. Während des „Marsches“ soll auf Trommeln der Takt vorgegeben werden, was einen militärischen Eindruck hinterlässt. Im Vorjahr gab es bereits eine unfriedliche Versammlung. Im Rahmen derer war eine Identifizierung der Störer durch die Polizei aufgrund ihrer Kleidung (Vermummung) erschwert/nicht möglich. Die Beklagte ordnet Auflagen an 1. Aufführungsverbot der Musikband „Deutsche Terrier“ 2. Trommelmitführungsverbot 3. Vermummungsverbot Der Kläger ist in der mdl. Vgh. trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Es ist das Urteil zu entwerfen. Tenor: Klage wird abgewiesen. Kosten trägt Kläger. Vorprozessual ist darauf hinzuweisen, dass die Kammer trotz Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden darf, da sie einen Hinweis gemäß § 102 II VwGO erteilt hat. Entscheidungsgründe: I. Zulässigkeit: 1. VerwRW § 40 I 1 (+) 2. Statthaft ist die FFK § 113 I S. 4 analog; in der Hauptsache Anfechtungsklage, Erledigung (Durch Zeitablauf, Durchführung der Versammlung) vor Klageerhebung Bzgl. der 3. Auflage musste diskutiert werden, ob Regelungscharakter oder reiner Hinweis auf die Rechtslage -> es handelt sich zwar nicht um direkten Hinweis auf die Rechtslage, aber um eine Konkretisierung der Norm, sie konkretisiert die Kleidung. 3. FFI, § 113 I S. 4 VwGO: Wiederholungsgefahr (ist auch hinreichend konkret; es sind weitere Versammlungen gleicher Art geplant, an denen auch die Band Deutsche Terrier wieder teilnehmen soll, wobei die Beklagte bereits deutlich gemacht hat an ihrer Auffassung festzuhalten) + RehabiliationsInteresse + schwerwiegender GR Eingriff Art. 5, 8 GG-> betroffen Selbstbestimmungsrecht über Durchführung der Versammlung und deren Ausgestaltung. Grundsatz effektiven Rechtsschutzes, Art 19 IV GG war hier zu erwähnen 4. Klagegegner: Stadt (Rechtsträgerprinzip) 5. 42 II analog: Adressatentheorie Art. 2 I, 8, 5 GG 6. Vorverfahren Ein Vorverfahren musste nicht durchgeführt werden, da der VA sich bereits vor Ablauf der Widerspruchsfrist erledigt hat und ein Widerspruch seinen Sinn und Zweck nicht hätte erfüllen können. Deshalb auch keine Klagefrist. II. Begründetheit: a) EGL: 1. + 2. Auflage Rechtsgrundlage § 15 VersG b) formelle Rechtmäßigkeit (+) -> keine Probleme, laut Vermerk war die Behörde zuständig. Eine Anhörung war im Rahmen von Kooperationsgesprächen erfolgt. c) materiell (i) Anwendbarkeit § 15 VersG -> trotz der nicht mehr gegebenen Gesetzgebungskompetenz ist das VersG weiter anwendbar, vgl. Art 125a I GG. ->Versammlung in diesem Sinne? + öffentliche Versammlung unter freiem Himmel (ii)Tb-Voraussetzungen § 15 VersG -> (+) beide Auflagen schützen öff. Sicherheit und Ordnung (Schwerpunkt der Klausur, hier war viel zu schreiben zu den einzelnen Aspekten: Gefährdungssituation, Gewaltspirale, Gesamtschau, störende/einschüchternde Wirkung) -> öffentliche Sicherheit: Unbestimmter Rechtsbegriff; aber rechtlich verfestigt und hinreichend geklärt Erforderlich ist hier, dass die Behörde die Gefahrenprognose richtig aufgestellt hat, es muss durch die Vers eine unmittelbare konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehen. Diese Prognose muss auf konkrete Tatsachen gestützt werden, reine Vermutungen reichen insoweit nicht. -> wichtig hier genau am Sachverhalt zu arbeiten; Schutzgüter betroffen; Unverletzlichkeit der Rechtsordnung und die Rechte und Rechtsgüter der Einzelnen; da bei Ausschreitungen Straftatbestände erfüllt werden u.a. Sachbeschädigung und Körperverletzung. Insoweit können die Vorkommnisse aus den früheren Versammlungen als Indizien für weitere Versammlungen herangezogen werden, vor allem, da (soweit ich mich erinnere) die gleichen Teilnehmer wie bei der ausgearteten Versammlung dabei sein werden. Ich erinnere mich wage, dass die Klägerin argumentierte, dass sie nicht in direkter Verbindung mit dem dafür schuldigen Hooliganverein steht. Insoweit war das aber irrelevant, weil dieser Hooliganverein jedenfalls selbst für die geplante Veranstaltung wirbt und die Klägerin sich jedenfalls nicht hinreichend distanzierte, sodass man damit rechnen musste, dass diese gewaltbereiten Hooligans auch wenn sie nicht der Klägerin angehören an der Versammlung teilnehmen werden. (es hatten sich viele der Hooligans schon angekündigt über Facebook). Insoweit beruhte die Prognose daher nicht auf Vermutungen, sondern auf Tatsachen) Auch ein Vorstandsmitglied der Klägerin war wohl ehemals Mitglied der Hooliganszene und hatte sich bisher nicht distanziert. Es war insgesamt auf das Gesamtgepräge der Versammlung insbesondere mit dem an einer paramilitärischen Übernahme ähnelnden Marsch abzustellen. Auch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung war insoweit möglich. (iii) Rechtsfolge.: Ermessen. keine Ermessensfehler. § 114 und § 40 VwVfG VHM; Mildere Mittel zwar in Betracht, aber nicht gleich geeignet. Insbesondere verhältnismäßig im engeren Sinne; Abwägung Art 8 ggü Art 16 GG derjenigen, die in der Asylunterkunft betroffen sind Militärischer Eindruck = einschüchternd. 3. Beschränkung Rechtsgrundlage § 17 a II VersG Es kommt zwar § 17a IV in Betracht, der richtet sich aber an die Vermummenden nicht an die Versammlungsleiter ebenfalls ohne Bedenken, die Beklagte konnte Verbotsvorschrift als Beschränkung benennen Nach der Versammlung bestand die Gefahr, dass die Teilnehmer durch Vermummung eine Identifizierung und damit polizeiliche Verfolgung unmöglich zu machen-> auch auf Tatsachen beruhend, nicht Vermutung. Auch hier VHM Prüfung. Rf.: kein Ermessen Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I, 155 I S.1. Rechtsmittel ist der Antrag auf Zulassung der Berufung, §§ 124, 124 a VwGO.

Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Oktober 2021 im zweiten Staatsexamen in Hamburg. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.