Prüfungsfach: Zivilrecht
Gedächtnisprotokoll:
Der Kläger ist seit Anfang 2019 bei der Beklagten als Kaffeeröster tätig und bezieht ein Bruttogehalt von etwa 3.000, – EUR. Die Beklagte beschäftigt insgesamt 14 Vollzeitkräfte. Der Kläger ist 44 Jahre alt, ledig und kinderlos. In dem Betrieb existiert kein Betriebsrat. Anfang Mai 2023 beantragt der Kläger bei seinem Arbeitgeber einen Erholungsurlaub für den Zeitraum vom 31.08.2023 bis 28.09.2023, welcher ihm noch am selben Tag ohne Vorbehalte genehmigt wird. Ende August erhält die Beklagte einen Großauftrag von einem renommierten Kaffeeunternehmen. Aufgrund dieses Auftrags ist die Arbeitskraft des Klägers unverzichtbar. Deshalb widerruft die Geschäftsführung der Beklagten Anfang August 2023 den zuvor bewilligten Urlaub des Klägers. Das entsprechende Schreiben wird dem Kläger fristgerecht zugestellt. Am 07. August 2023 teilt der Kläger mit, dass er auf seinem Urlaub bestehe und den Widerruf nicht akzeptiere. Infolgedessen erscheint der Kläger am 31.08.2023 nicht zur Arbeit. Am selben Tag verfasst der Geschäftsführer der Beklagten eine Kündigung, die dem Kläger am 01.09.2023 zugestellt wird. Es handelt sich um eine außerordentliche, fristlose Kündigung, jedoch ohne Angabe eines Kündigungsgrundes. Der Kläger hat während seines Urlaubs keine Vorkehrungen für den Empfang von E-Mails getroffen. Als er am 28.09.2023 von der Kündigung erfährt, ist er überrascht und wendet sich umgehend an seinen Anwalt. Dieser reicht am 04.10.2023 eine Kündigungsschutzklage ein. In seiner Klagebegründung macht der Anwalt geltend, dass kein wichtiger Grund für die Kündigung vorliege. Zudem müsse bei einer außerordentlichen Kündigung der Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben genannt werden, weshalb die Kündigung bereits aus diesem Grund unwirksam sei. Darüber hinaus stellt der Kläger einen weiteren Antrag (Schleppnetzantrag), um feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch andere Kündigungen beendet wurde, da im Schreiben vom 01.09.2023 zusätzliche Kündigungen angedeutet wurden. In der Klageerwiderung wendet der Anwalt der Beklagten ein, dass die Kündigung rechtmäßig sei und kein Kündigungsgrund angegeben werden müsse. Außerdem macht er geltend, dass die Kündigung aufgrund der verspäteten Klageerhebung präkludiert sei. Darüber hinaus erklärt die Beklagte in ihrem Schriftsatz eine weitere Kündigung. Diese stützt sich auf die Tatsache, dass der Kläger sich im Jahr 2021 unverschuldet bei einem Fahrradunfall verletzt hat. Seitdem erbringe er lediglich 80 % der Arbeitsleistung eines vergleichbaren Mitarbeiters. Die Änderungskündigung enthält ein Angebot zur Reduzierung des Bruttogehalts von 3.000,- EUR auf 2.400, – EUR. Der Anwalt der Beklagten ist der Auffassung, dass diese zweite Kündigung wirksam sei, da der Kläger sie nicht rechtzeitig angefochten habe, wobei der Schleppnetzantrag offenbar falsch ausgelegt wird. Bearbeitervermerk: Das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden ist zu entwerfen. Die Entscheidung über Kosten, Streitwertfestsetzung sowie die Berufung entfällt. Eine ordentliche Kündigung aufgrund der Abwesenheit des Klägers vom 31.08.2023 bis 28.09.2023 ist nicht zu prüfen. Es ist davon auszugehen, dass der Geschäftsführer der Beklagten Kenntnis über den Urlaub des Klägers ab dem 31.08.2023 hatte. Vorschriften des § 612a BGB, des AGG sowie europarechtliche Regelungen sind nicht zu berücksichtigen. Ein Kalender ist beigefügt.
Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Mai 2024 im zweiten Staatsexamen in Hessen. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.