Prüfungsfach: Öffentliches Recht
Gedächtnisprotokoll:
Der Fall dreht sich um ein baufälliges Gebäude auf einem jedermann zugänglichen Grundstück. Bei dem Gebäude ist der Dachstuhl ausgebrannt, Fensterscheiben sind zerbrochen, aus diesen ragen teils spitze Scherben und anderweitige Gegenstände heraus. Das Treppengelände in dem einstöckigen Gebäude fehlt, insgesamt ist das Haus einsturzgefährdet. Deshalb – und nach einer Ortsbesichtigung – erlässt die zuständige Bauaufsichtsbehörde einen Bescheid an die Eigentümerin, einen Zaun um das Gebäude zu ziehen, um die Öffentlichkeit vor den Gefahren des einsturzgefährdeten Hauses zu schützen. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet. In dem Bescheid wird für den Fall, dass die Eigentümerin den Zaun nicht innerhalb von 2 Wochen zieht, die Ersatzvornahme durch die Ordnungsbehörde angedroht. Ungefähre Kosten werden hierfür auch angegeben. In der Folge bestätigt die Eigentümerin des Grundstücks, dass sie den Zaun ziehen wird, an dem Wochenende 26-27.11.2022. Bei einer weiteren Besichtigung, nach diesem Wochenende, zur Überprüfung, ob der Zaun gezogen wurde, wird festgestellt, dass entgegen ihrer eigenen Aussage, ein Zaun durch die Eigentümerin nicht errichtet wurde. Außerdem wird festgestellt, dass bereits weitere Dachziegel vom Dach gerutscht sind. Überdies werden leere Bierflasche, Essensverpackungen wie Comic-Hefte und Spielfiguren in den Räumen gefunden. Aufgrund dessen, wird nachdem die Eigentümerin telefonisch nicht erreicht werden kann, ein Unternehmen kontaktiert, dass am nächsten Tag mit dem ziehen des Zaunes beginnt. Die Eigentümerin wird daraufhin gewiesen, dass es ihr jederzeit unbenommen bleibt, den Zaun durch einen eigenen zu ersetzen. 10 Tage später beginnt der Käufer (der auch als Vormerkungsberechtigter im Grundbuch eingetragen ist) mit dem Umbau des Gebäudes und errichtet einen eigenen Zaun. In der Folge ergeht ein Kostenbescheid, gegen den die Eigentümerin sich nun wendet. Dieser enthält die Kosten für die Errichtung sowie die Vorhaltekosten des Zaunes, für die Zeit, in der der Zaun zur Verfügung gestellt wurde. Sie ist der Ansicht, dass sie die falsche Adressatin ist. Zwar sei sie im Grundbuch noch als Eigentümerin eingetragen, mit dem notariellen Kaufvertrag seien sowohl, wenn auch unüblich, die Gefahren wie auch die Verkehrssicherungspflichten auf den Käufer bereits übergegangen. Deshalb habe man sich nicht an sie richten dürfen. (Hinweis LJPA: Es ist davon auszugehen, dass dieser Vertrag von der Eigentümerin bisher nicht vorgelegt wurde und auch im gerichtlichen Verfahren nicht vorgelegt wird) Außerdem habe die Behörde nicht im Wege des Sofortvollzugs vorgehen dürfen, vielmehr hätten sie im gestreckten Verfahren vorgehen müssen. Die Vorhaltekosten seien außerdem nicht aufgrund des Sofortvollzugs entstanden und aus diesem Grund nicht ersatzfähig. Vielmehr hätte die Behörde hierfür in das Gestreckte Verfahren zurück wechseln müssen. Der Behördenleiter und Auftragsteller erklärt wie folgt: Er sehe keine Bedenken, dass im Sofortvollzug vorgegangen worden sei, das Zurückwechseln in das mehraktige Verfahren sehe doch das Vollstreckungsrecht nicht vor. Die Klageerwiderung ist zu entwerfen. Es sei auf jeden Fall die Rechtmäßigkeit des Bescheides ggf. in einem Vermerk zu überprüfen, er seie sich nicht sicher ob es hierauf überhaupt ankäme.
Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Januar 2023 im zweiten Staatsexamen in Niedersachsen. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.