Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Oktober 2021

Prüfungsfach:  Zivilrecht

Gedächnisprotokoll:

Tatbestand: Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Schwester durch Testament des verstorbenen Bruders zum Erben eingesetzt worden. Beklagte ist die Nichte des Erblassers, ihr ist im Testament ein Auto im Wert von 50.000,00 € zugesprochen worden. Der Erblasser zahlte zu Lebzeiten an die Beklagte 50.000,00 €, wobei die Rechtsnatur der Zuwendung strittig ist. Darlehen oder Schenkung? Der Kläger kündigte in Ermächtigung durch seine Miterbin das von ihm behauptete Darlehen und verlangte Rückzahlung, Beklagte weigerte sich unter Berufung auf eine Schenkung. Das Auto ist zwischenzeitlich von der Schwester des Klägers an einen Dritten veräußert/übergeben worden. Im Ausgangsrechtsstreit beantragte der Kläger die Zahlung der 50.000,00 €. Es ist ein Vergleich geschlossen worden: 1. Zahlung von 25.000,00 € der Beklagten an den Kläger. 2. Damit Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche. Der Kläger gelangte im Folgenden in den Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung. Die Beklagte verlangt im Folgenden, erneut mündliche Verhandlung anzuberaumen. Ihre Mutter, d.h. die Miterbin des Klägers, sei vor dem Vergleichsschluss nicht nach ihrer Zustimmung gefragt worden. Eine Ermächtigung habe nur für die Kündigung des Darlehens vorgelegen. Nunmehr Anträge der Beklagten (Widerklage): 1. Feststellung, dass keine Beendigung des Ausgangsstreits durch den Vergleich. 2. Klageabweisung. 3. Herausgabe vollstreckbarer Ausfertigung. Hilfweise Aufrechnung mit Ersatzanspruch gegen die Erbengemeinschaft wegen des Verkauf des Autos. Der Kläger behauptet, die Zustimmung seiner Schwester habe vorgelegen. Sei telefonisch in einer Verhandlungspause erteilt worden. Rechtliche Würdigung: 1. Keine Beendigung durch Vergleich (+) Zulässigkeit: Konnexität gem. § 33 ZPO unproblematisch Vorgreiflichkeit gem. § 256 II ZPO unproblematisch Begründetheit: Materielle Unwirksamkeit des Vergleichs mangels Zustimmung der Miterbin des Klägers. Erbenstellung durch wirksames Testament, §§ 1937, 2032 I BGB. Voraussetzungen des wirksamen Testaments (+). V.a. formwirksam gem. §§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB – Zwar nur mit „euer Siggi“ unterschrieben, aber Angabe von Kosenamen o.ä. ist i.O., wenn Identität des Erblassers und die Ernstlichkeit der Erklärung erkennbar bleiben, was der Fall war. Unwirksamkeit des Vergleichs wegen § 2040 BGB. Demnach nur gemeinschaftliche Verfügung über Nachlassgegenstände. Durch Vergleich Teilerlass gem. § 397 I BGB. Zwar gem. § 2038 II i.V.m. § 745 BGB unter den Miterben Möglichkeit, die Nachlassverwaltung anderweitig zu regeln. Beweisaufnahme kommt aber zum Ergebnis, dass niemals eine telefonische Zustimmung i.S.e. Einzelermächtigung stattgefunden hatte. Ergibt sich aus Beweisfälligkeit des Klägers, da i.E. keine geeigneten Beweise angeboten. Ursprungsklage ist zulässig und unbegründet. Zulässigkeit Prozessführungsbefugnis Kläger aus § 2039 (1) BGB. Begründetheit Anspruch auf Darlehensrückzahlung gem. § 488 I (2) Alt. 2 BGB (+). Abgrenzung zur Schenkung: Ergibt sich aus Zeugenaussagen; auf Kontoauszug von damals Verwendungszweck „VERTRAG“. Erlöschen infolge Aufrechnung mit Gegenanspruch aus §§ 2174, 280 I, 281, 283 BGB (+). Vermächtnisanspruch § 2174 BGB (+). Hier Abgrenzung zur Erbeinsetzung: Zuwendung Einzelsache. Erfüllung unmöglich infolge wirksamer Veräußerung an einen Dritten, da kein Veräußerungsverbot durch Vermächtnis. Verschulden vermutet. I.E. Anspruch erloschen. Anspruch auf Herausgabe vollstreckbarer Ausfertigung aus § 371 BGB analog. ERGEBNIS: 1. Feststellung, dass keine Prozessbeendigung durch Vergleich. 2. Klageabweisung. 3. Auf Widerklage hin: Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs.

Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Oktober 2021 im zweiten Staatsexamen in Rheinland-Pfalz. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.