Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 1. Staatsexamen – Hessen vom Juli 2020

Bei den nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Juli 2020 im ersten Staatsexamen in Hessen. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsfach:  Strafrecht

Gedächnisprotokoll:

Es ging um das Ansichnehmen von Pfandflaschen, mit der Absicht diese sodann in einem Getränkemarkt gegen den Pfandbetrag einzutauschen, um sich an dem Pfandgeld zu bereichern. Dabei ging es schwerpunktmäßig um die Fragestellung, ob die Zueignungsabsicht gegeben ist, da der Täter von Beginn an nicht beabsichtigte, die Flaschen für sich zu behalten. Insbesondere war zu thematisieren, welchen Unterscheid es macht, ob es sich bei den Pfandflaschen um sog. Einheitsflaschen oder sog. Individualflaschen handelt.
Bei der Wegnahme von Einheitsflaschen ist Zueignungsabsicht zu bejahen, wenn der Täter bei zutreffender Einschätzung der Eigentumslage in der Absicht handelt, das dem Eigentümer entwendete Pfandleergut gegen Erstattung des Pfandbetrages in das Pfandsystem zurückzugeben. In diesem Fall beabsichtigt er, sich wie ein Eigentümer des Pfandleerguts zu gerieren und die Eigentümerstellung des wahren Eigentümers zu leugnen. Das gilt selbst dann, wenn er das Pfandleergut dem Händler zurückgeben will, dem er es zuvor entwendet hat. Denn die Rückgabe des Pfandleerguts gegen Entgelt an den Eigentümer schließt die Zueignungsabsicht nicht aus, wenn der Täter dessen Eigentumsrecht leugnet und eine eigene Berechtigung vortäuscht (Fischer aaO, Rn. 35a mwN; Hellmann, JuS 2001, 353, 354; Rengier aaO, Rn. 132 mwN).
Bei Wegnahme von Individualflaschen, die in den Vertrieb gelangt sind, aber gleichwohl im Eigentum des Herstellers/Abfüllers verbleiben, kann es sich anders verhalten. Zueignungsabsicht liegt nicht vor, wenn der Täter – was freilich die Ausnahme sein dürfte – die Eigentumslage richtig einschätzt und durch die Rückgabe der Individualflaschen das Eigentumsrecht des Herstellers/Abfüllers deshalb nicht leugnen will, sondern dieses anerkennt (Rengier aaO, Rn. 134; MünchKommStGB/Schmitz aaO; vgl. auch Kudlich aaO; Hellmann, JuS 2001, 353, 355; ebenso für die Rückgabe gegen Finderlohn schon RGSt 55, 59, 60). Das ist anzunehmen, wenn der Täter erkennt, dass Eigentümer der entwendeten Individualflaschen der Hersteller/Abfüller geblieben ist, und er ihm das Pfandleergut über das Pfandsystem wieder zukommen lassen möchte. In diesem Fall maßt er sich weder eine eigentümerähnliche Stellung an noch ist sein Vorsatz darauf gerichtet, den Eigentümer dauerhaft zu enteignen.“
In Betracht kam dann auch noch ein Computerbetrug durch das Zuführen der Flaschen in den Pfandautomaten.
Es war eine Anklage zu fertigen.