Prüfungswissen: Aufbau einer Einziehungsklage

I. Zulässigkeit der Klage

1. Sachliche und örtliche Zuständigkeit
Die Zuständigkeit für den Einziehungsprozess beurteilt sich nach der Zuständigkeit für den Prozess des Schuldners gegen den Drittschuldner. Insofern gelten die üblichen Zuständigkeitsregeln (§§ 23, 71 GVG; §§ 12ff. ZPO) und nicht § 802 ZPO. Dies gilt auch für besondere Gerichtsständen, die für die Klage des Schuldners gegen den Drittschuldner begründet gewesen wären (z.B. ArbG nach § 2 I ArbG).

2. Prozessführungsbefugnis
Fraglich ist, ob eine besondere Prozessführungsbefugnis dafür zu prüfen ist, dass der Gläubiger die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner im eigenen Namen geltend macht. Während ein Teil der Lehre eine solche Prozessführungsbefugnis für notwendig hält, die sich jedoch aus dem Überweisungsbeschluss als Fall einer gesetzlichen Prozessstandschaft ergibt, nimmt die h.M. an, dass es sich hierbei um die Frage nach der Sachlegitimation handelt. Der Überweisungsbeschluss enthalte eine materielle und nicht bloß prozessuale Ermächtigung zur Einziehung der fremden Forderung für den Gläubiger, aus der sich dann Prozessführungsbefugnis ohne weiteres ergibt.

3. Einwand der Rechtshängigkeit bzw. Rechtskraft
Die Klage kann insbesondere unzulässig sein, wenn der Schuldner bereits einen Titel gegen den Drittschuldner über die vom Gläubiger gepfändete und ihm überwiesene Forderung hat, den der Gläubiger gemäß § 727 ZPO auf sich umschreiben lassen kann.

II. Begründetheit der Klage

1. Einziehungsberechtigung
Der Kläger muss einen wirksamen, d.h. nicht nichtigen Pfändungs- und Überweisungs-beschluss hinsichtlich der einzuziehenden Forderung erwirkt haben.
Es kommt nicht darauf an, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss rechtmäßig ist, sondern zu untersuchten ist lediglich, ob die Wirksamkeitsvoraussetzungen vorliegen.

a) bezüglich des Pfändungsbeschlusses
Der Pfändungsbeschluss ist wirksam, wenn kein besonders schwerwiegender und offenkundiger Mangel vorliegt. Dies hängt zwar jeweils von einer gesonderten Betrachtung ab, ist aber jedenfalls anzunehmen, wenn
aa) ein vollstreckbarer Titel fehlt
Beachte: Fehler bei Klausel und Zustellung machen die Vollstreckung nur anfechtbar.
bb) ein funktionell unzuständiges Vollstreckungsorgan gehandelt hat (z.B. Gerichtsvollzieher statt Vollstreckungsgericht,
Beachte: Verstöße gegen die örtliche Zuständigkeit führen nur zur Anfechtbarkeit.
cc) die gepfändete Forderung im Pfändungsbeschluss zu unbestimmt angegeben wird (vgl. Musielak-Lackmann, vor § 704, Rn. 32),
dd) die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner mangelhaft ist (vgl. Musielak-Lackmann, vor § 704, Rn. 32),
ee) das Arrestatorium im Pfändungsbeschluss fehlt ( Musielak-Lackmann, vor § 704, Rn. 32),
ff) gegen eine Person vollstreckt wird, die nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt (vgl. Musielak-Becker, § 803, Rn.10).

b) bezüglich des Überweisungsbeschlusses
Auch hier ist Wirksamkeit anzunehmen, wenn kein besonders schwerwiegender und offenkundiger Mangel vorliegt. Dies ist beim Überweisungsbeschluss zudem der Fall, wenn
aa) ein wirksamer Pfändungsbeschluss fehlt,
bb) der Vollstreckungstitel eine Arrestentscheidung ist, da der Arrest (§ 916) nicht der Befriedigung des Gläubigers dient (vgl. BGH NJW 1993, 735).

2. Bestehen des Anspruchs des Schuldners gegen Drittschuldner
Hier ist nach den üblichen Maßstäben zu prüfen, ob der Schuldner einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch gegen den Drittschuldner hat.

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) Juli 2013