24Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Marktmanipulation durch Einwirkung auf den Börsenpreis (vgl. BGH in NZG 2014, 315) (BGH, Urteil vom 12.12.2014 – 3 StR 146/13). Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.
I. Gem. § 20 a I 1 Nr. 2 WpHG a. F. ist es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen.
39 I Nr. 1 WpHG a. F. bestimmt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 20 a I 1 Nr. 2, auch i. V. mit Abs. 4, jeweils i. V. mit einer Rechtsverordnung nach Abs. 5 S. 1 Nr. 2 oder 5 ein Geschäft vornimmt oder einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt.
20 a V 1 Nr. 2 WpHG a. F. erlaubt dem Bundesministerium der Finanzen, durch eine Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten oder das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus.
Nach § 3 II Nr. 2 der Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung (MaKonV) werden irreführende Signale i. S. des § 20 a I 1 Nr. 2 WpHG insbesondere auch durch Geschäfte oder einzelne Kauf- oder Verkaufsaufträge über Finanzinstrumente gegeben, die von Parteien, die sich abgesprochen haben, zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen erteilt werden, es sei denn, diese Geschäfte wurden im Einklang mit den jeweiligen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt.
Strafbar gem. § 38 II WpHG a. F. macht sich schließlich u. a., wer eine in § 39 I Nr. 1 WpHG a. F. bezeichnete Handlung begeht und dadurch auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments einwirkt.
II. Auch mit Blick auf die zahlreichen, in den vorgenannten Vorschriften enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 I Nr. 1 WphG a. F. enthaltenen Blankett artigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen ist die Regelung insgesamt – trotz der verschiedentlich im Schrifttum geäußerten Zweifel verfassungsgemäß.
vgl. Sorgenfrei wistra 2002, 321; Park/Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., Teil 3 Kap. 4 Rn. 61 ff.; Moosmayer wistra 2002, 161; Tripmaker wistra 2002, 288; Streinz/Ohler WM 2004, 1309; Schmitz ZStW 115 (2003), 501; vgl. zu § 20 a I 1 Nr. 1 WpHG BGH NZG 2011, 1075 = wistra 2011, 467; zu § 20 a I 1 Nr. 2 WpHG aF BGHSt 48, 373 = NZG 2004, 91 = NJW 2004, 302 = NStZ 2004, 285; vgl. auch Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vorb. § 20 a Rn. 26 ff.; Mock/Stoll/Eufinger, KölnKomm-WpHG, § 20 a Rn. 82 ff.; Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 20 a WpHG Rn. 5 f. m. w. Nachw.; Ziouvas/Walter WM 2002, 1483; Schuster, Das Verhältnis von Strafnormen und Bezugsnormen aus anderen Rechtsgebieten, 2012, 273; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regulierung der Marktmanipulation, 2011, 115 ff.; Teuber, Die Beeinflussung von Börsenkursen, 2011, 217 ff.
1. Sie genügt insbesondere – entsprechend anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbeständen wie etwa der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der Kapitalanlagebetrug (§ 264 a StGB) oder der Kreditbetrug (§ 265 b StGB), die in ähnlicher Form durch die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriffe geprägt sind – noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 II GG (vgl. BGHSt 48, 373 = NZG 2004, 91 = NJW 2004, 302 = NStZ 2004, 285); Assmann/Schneider, Vorb. § 20 a Rn. 29), der nach der Rspr. des BVerfG nicht übersteigert werden darf, damit die Gesetze nicht zu starr und kasuistisch und dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden (vgl. etwa BVerfG NJW 1993, 1909).
Die Verwendung präziserer, engerer Formulierungen würde hier die Gefahr begründen, dass die Regelung mit Blick auf die sich schnell ändernden manipulativen Praktiken an den Börsen und Märkten den ihr zugedachten hauptsächlichen Zweck, im Interesse des Gemeinwohls die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten zu gewährleisten und damit deren Funktionsfähigkeit gegen manipulierende Eingriffe zu sichern (BT-Drs. 14/8017, 98; MüKo-StGB/Pananis, 2010, § 38 WpHG Rn. 7) bereits nach kurzer Zeit nicht mehr erfüllen könnte (vgl. Schwark/Zimmer, § 20 a WpHG Rn. 5).
2. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 I 1 GG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. Eichelberger ZBB 2004, 296), denn die Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung wirkt nicht strafbegründend.
Sie ist nicht abschließend und enthält Begriffserläuterungen sowie Regelbeispiele, bei deren Vorliegen Tatbestandsmerkmale des § 20 a WpHG erfüllt sein können, außerdem Verfahrensvorschriften zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis. Sie hat zum Ziel, den Marktteilnehmern entsprechende Leitlinien an die Hand zu geben, mit deren Hilfe deutlich wird, welche Handlungen marktkonform sind und damit keinen Verstoß gegen § 20 a I WpHG darstellen (BT-Drs. 14/8017, 90). Daher führt sie keine neuen Straftatbestände ein; sie spezifiziert lediglich in nach der Rspr. des BVerfG letztlich unbedenklicher Weise (vgl. BVerfGE 75, 329 = NJW 1987, 3175 = NStZ 1987, 450; BVerfG NJW 1992, 107; NVwZ 2009, 239 m. w. Nachw.) die gesetzlichen Regelungen (vgl. BGH NZG 2005, 132 = NJW 2005, 445, zur Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation [KuMaKV]; vgl. auch Schwark/Zimmer, § 20 a WpHG Rn. 6).
Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) Dezember 2014