Prüfungswissen: Einstweiliger Rechtsschutz

Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: § 80 V VwGO auch bei Versäumung der Klagefrist in der Hauptsache, wenn Wiedereinsetzungsantrag mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich (OVG Münster, NVwZ-RR 2011, 753), (OVG; Beschluss vom 24.05.2011 − 14 B 391/11). Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.

I. Was ist einstweiliger Rechtsschutz?
Einstweiliger Rechtsschutz ist ein vorläufiger Rechtsschutz. Die entsprechenden Verfahren können also vor oder gleichzeitig mit den Klagen der VwGO eingeleitet werden, um bis zu deren Abschluss eine vorläufige Regelung hinsichtlich des Klagebegehrens zu erreichen.
Einstweiliger Rechtsschutz ist also auch ein reaktiver Rechtsschutz und vom vorbeugenden Rechtsschutz (z.B. vorbeugende Unterlassungsklage) zu trennen, der präventiv eingelegt wird.

Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes findet nur eine eingeschränkte gerichtliche Prüfung statt, man spricht deshalb auch von summarischer Prüfung. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die Rechtslage in einem Gutachten nur oberflächlich zu prüfen ist. Vielmehr bedeutet diese summarische Prüfung in der Praxis, dass das Gericht seiner Prüfung den Vortrag des Klägers zugrunde legt und allenfalls auf solche Beweismittel zurückgreift, die ihm bereits vorliegen (sog. präsente Beweismittel

II. Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Als wesentliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sieht die VwGO die Verfahren auf Wiederherstellung/Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 80 V, 80a VwGO vor und das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO.
1. Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§§ 80 V / 80a VwGO)
Widerspruch und Klage bei der Anfechtungsklage haben gem. § 80 I VwGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung (sog. Suspensiveffekt). Die Betroffenen sind durch diesen Suspensiveffekt hinreichend geschützt, weil die Behörde in der Zwischenzeit den VA nicht vollziehen kann.
In den Fällen des § 80 II VwGO tritt dieser Suspensiveffekt aber nicht ein.
Damit die Betroffenen dennoch den Eintritt von Nachteilen durch die Vollziehung des VA verhindern können, besteht die Möglichkeit, den Suspensiveffekt durch das Gericht anordnen oder wiederherstellen zu lassen.
Merke: Der einstweilige Rechtsschutz nach § 80 V VwGO ist grundsätzlich einschlägig, wenn im Hauptsacheverfahren eine Anfechtungsklage zu erheben ist und entweder :

– um den Suspensiveffekt gestritten wird, selbst wenn aufschiebende Wirkung eigentlich eintritt (sog. faktische Vollziehung)
– die vorläufige Aufhebung einer Vollziehung begehrt wird (§ 80 V 3 VwGO),

Anders, wenn etwas begehrt wird, das über den Suspensiveffekt hinausgeht oder trotz eingetretener Belastung eine Erweiterung des Rechtskreises begehrt wird (z.B. beim Streit um die Versetzung

2. Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO)
Bei den sonstigen Klagearten kommt grundsätzlich ein Schutz des Betroffenen über §§ 80 V, 80a VwGO von vornherein nicht in Betracht.
Einem Interesse des Betroffenen an der vorläufigen Regelung eines Verhältnisses oder Sicherung des bestehenden Zustandes kann dann nur die eine vorläufige Entscheidung des Gerichts entsprochen werden.
Das Verfahren nach § 123 VwGO kommt immer dann in Betracht, wenn §§ 80, 80a VwGO nicht eingreifen.
Merke: Das Verfahren nach § 123 VwGO ist daher gegenüber dem Verfahren nach §§ 80 V / 80a VwGO subsidiär.

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) November 2011