Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Verbot des Tragens von Bekleidung mit Rockerabzeichen durch polizeirechtliche Allgemeinverfügung (vgl. OVG Bremen in DÖV 2012, 204) (OVG Bremen; Beschluss vom 21.10.2011 – 1 B 162/11). Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.
I. Gefahr
Aus der Sicht eines objektiven Beobachters liegen zum Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme Anhaltspunkte vor, die zur Annahme berechtigten, dass in naher Zukunft das Schutzgut mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verletzt werden wird. Nachträglich stellt sich heraus, dass eine Gefahr tatsächlich vorlag.
Was ist gefährdet? polizeiliches Schutzgut
Wann? in naher Zukunft
Prognose? hinreichende Wahrscheinlichkeit
Zeitpunkt der Betrachtung? Ergreifen der Maßnahme (sog. ex ante Betrachtung)
Blickwinkel? objektiver Beobachter
Störer? allgemeine Grundsätze
Nachträgliche Betrachtung? Gefahr lag vor
II. Konkrete Gefahr
Konkreter Sachverhalt ergibt Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr (= grds. Voraussetzung für Ordnungsverfügung/polizeiliche Maßnahme nach den Generalklauseln.
III. abstrakte Gefahr
Ohne auf konkreten Sachverhalt zurückzugreifen kann aufgrund der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass in einer bestimmten Situation üblicherweise gestimmte Gefahren auftreten (Voraussetzung für eine Polizeiverordnung).
IV. gegenwärtige Gefahr
Die Verletzung des polizeilichen Schutzgutes findet bereits statt oder steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbar bevor (insbesondere erforderlich für die Inanspruchnahme von nichtverantwortlichen Personen (sog. Nichtstörern).
V. erhebliche Gefahr
Das gefährdete Schutzgut ist besonders bedeutsam oder die zu erwartende Verletzung besonders schwerwiegend.
VI. Gefahr in Verzug
Es liegt eine Gefahr vor, der nur wirksam begegnet werden kann, wenn von der Einhaltung des vorgesehenen Verfahrens abgesehen wird, da ansonsten der Erfolg vereitelt oder unvertretbar verzögert würde.
VII. Anscheinsgefahr
Aus der Sicht eines objektiven Beobachters liegen zum Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme Anhaltspunkte vor, die zur Annahme berechtigten, dass in naher Zukunft das Schutzgut mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verletzt werden wird. Nachträglich stellt sich heraus, dass eine Gefahr objektiv nicht vorlag, ein verständiger Betrachter aber von einer solchen ausgehen durfte. Die Anscheinsgefahr ist eine Gefahr im Sinne des POR.
Der Anscheinsstörer ist Störer, wenn der Anschein in zurechenbarer Weise veranlasst wurde, obwohl bei nachträglicher Betrachtung keine Gefahr vorlag.
VIII. Scheingefahr
Der Amtswalter irrt sich über das Vorliegen objektiver Anhaltspunkte für die Gefährdung eines Schutzgutes, er hält also nur subjektiv einen Schadenseintritt für wahrscheinlich, ohne dass ein objektiver Beobachter die gleichen Schlüsse gezogen hätte . Es handelt sich nicht um einer Gefahr i.S.d. POR.
IX. Gefahrenverdacht
Aus Sicht eines objektiven Beobachters liegen zum Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Gefahr gegeben sein könnte. Es geht also um Maßnahmen zur Erforschung des Sachverhaltes, um das Vorliegen einer Gefahr feststellen zu können. Zulässig sind hier nur Maßnahmen zur Sachaufklärung.
Wann? noch offen
Prognose? Anhaltspunkte
Zeitpunkt der Betrachtung? Ergreifen der Maßnahme (sog. ex ante Betrachtung)
Blickwinkel? objektiver Beobachter
Störer? Verdachtsstörer
Nachträgliche Betrachtung? offen
Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) April 2012