Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: kein Anspruch auf Grundmandat für kleine Fraktion im Gemeinderat (RhPfVerfGH; Beschluss vom 23.05.2014 – VGH B 22/13) Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.
Der Kommunalverfassungsstreit ist eine gerichtliche Auseinandersetzung um sich aus dem Kommunalrecht ergebende organschaftliche Rechte und Pflichten. Streiten verschiedene, mit Rechten ausgestattete Organe untereinander (z.B. Oberbürgermeister mit Bezirksvertretung), so handelt es sich um einen sog. Interorganstreit. Bei einem Streit innerhalb eines Organs (z.B. Ratsmitglieder gegen den Rat) spricht man von einer Intraorganstreit.
I. Klageart
Der Kommunalverfassungsstreit wird als allg. Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO behandelt. Die zwischenorganschaftlichen Beziehungen führen nämlich zu einem Rechtsverhältnis i.S. des § 43 VwGO. Zwar sind die Beteiligten hier nicht personale Träger subjektiver (Individual-) Rechte; doch stellt § 43 II VwGO auf solche Rechte nicht entscheidend ab; organschaftliche Rechtsbefugnisse reichen aus.
Die VwGO stellt einen ausreichenden numerus clausus an Klagearten zur Verfügung. Konstruktion einer Klageart „sui generis“ ist daher erforderlich (vgl. OVG Münster DVBl. 83, 53; NVwZ 89, 989; BVerwG NVwZ 82, 243; BayVBl. 76, 374). Es sind keine überzeugenden Gründe dafür ersichtlich, dass das „Rechtsverhältnis“, dessen Bestand oder Nichtbestand Gegenstand der gerichtlichen Feststellung nach § 43 I VwGO sein kann, die intrapersonalen, organschaftlichen Beziehungen auf der Grundlage binnen-rechtlicher Organberechtigungen nicht umfassen soll.
Soweit gelegentlich die allg. Leistungsklage als richtige Klageart angesehen wird, ist dies dadurch bedingt, dass für Einzelfälle eine besser passende Klageart gesucht wird. Jedenfalls wird bei Organstreitigkeiten einzelfallabhängig auch eine Unterlassungsklage oder Feststellungsklage zur Verfügung gestellt, so dass Eilrechtsschutz über § 123 VwGO möglich ist.
II. Klagebefugnis / Feststellungsinteresse
1. Liegt eine allgemeine Leistungsklage vor, so muss eine Klagebefugnis analog § 42 II VwGO bestehen.
Im Falle eines Kommunalverfassungsstreits, in dem es um die Wahrung organschaftlicher Rechte geht, kann jedoch die Geltendmachung der im Außenrechtsbereich angesiedelten subjektiv-öffentlichen Rechte der natürlichen Person eine Klagebefugnis nicht begründen.
Diese kann sich vielmehr allein aus der möglichen Verletzung organschaftlicher Rechte ergeben (z.B. innerorganisatorischer Störungsbeseitigungsanspruch.
2. Handelt es sich um eine Feststellungsklage so ist – unabhängig von Streit über die analoge Anwendung des § 42 II VwGO auf die Feststellungsklage neben dem nach § 42 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresse – im Rahmen des Kommunal-verfassungsstreits für das Feststellungsinteresse stets ein rechtliches Interesse organschaftlicher Art notwendig.
III. Beteiligtenfähigkeit
Eine verwaltungsgerichtliche Klage ist nur zulässig, wenn der Rechtsmittelführer auch beteiligtenfähig i.S.d. § 61 VwGO ist.
Im Organstreitverfahren kommt eine Beteiligtenfähigkeit nach § 61 Nr. 2 VwGO in Betracht, wenn Rechte des Organs gegenüber einem anderen Organ geltend gemacht werden (sog. Interorganstreit). Macht hingegen ein Mitglied des Organs seine in seiner Person begründeten Rechte innerhalb des Organs geltend (sog. Intraorganstreit), so ist die Beteiligtenfähigkeit nach § 61 Nr. 1 VwGO gegeben.
IV. Richtiger Klagegegner
Grundsätzlich sind die allgemeine Leistungsklage und die Feststellungsklage nach dem Rechtsgedanken des § 78 I Nr. 1 VwGO gegen den Rechtsträger der Behörde zu richten, von der ein Handeln begehrt wird.
Möglicherweise muss jedoch im Kommunalverfassungsstreitverfahren eine andere Betrachtungsweise gelten. Hier ist ein innerorganschaftlicher Rechtsstreit anhängig, der ohne Außenrechtswirkung bleibt. In einem solchen Zusammenhang erscheint es sachfremd, gegen den Rechtsträger zu klagen. Vielmehr richtet sich in derartigen fällen die passive Prozessführungsbefugnis nach der innerorganisatorischen Kompetenz- und Pflichtenzuordnung (BVerwG, Buchholz 310, § 40 VwGO Nr. 179).
Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) Oktober 2014