Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
8.01 |
Gesamtnote 1. Examen |
9.41 |
Prüfungsgespräch:
Die Prüferin schilderte einen umfassenden Fall der die gesamte Prüfung ausfüllte und der ihrem Senat (OLG) zum ZP der Prüfung vorlag. Innerhalb der Fallprüfung wurden auch allgemeine Fragen erwähnt, die sich allerdings wirklich nur teilweise aus früheren Protokollen ergaben (Unterschiede Sachenrecht/Schuldrecht; Personengesellschaften/juristische Personen). Im Wesentlichen drehte sich die ganze Prüfung um allgemeines Verständnis der Falllösung und das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Erwartet in der Sachverhaltsschilderung erst gar nicht komplett mitschreiben zu können. Die Prüferin hat den SV so schnell vorgelesen, dass keiner von uns den SV umfassend verstanden hatte, aber auch keine Zeit für Nachfragen bestand (ein denkbar schlechter Einstieg in die Prüfung). Die Prüfung erfolgte allerdings nicht schematisch, sodass etwaige Unklarheiten auch problemlos währenddessen geklärt werden konnten. Zum Fall (grob): S ist Eigentümer eines unbebauten Grundstücks. Mit seinem Sohn W vereinbart er mittels handschriftlichen Vertrags eine Dauernutzungsvereinbarung, die auch den Bau eines Wohnbaus miteinschließt. Diese ist nicht kündbar oder widerruflich, eine notarielle Beurkundung erfolgt nicht, da W das GS eh erben sollte. W bebaut das GS am 15.3.1998 mit einem Wohnhaus und trägt die Kosten selbst (300.000, -). Am 1.2.2022 verkauft S das GS allerdings an die I-GmbH. Am 1.3.2022 wird die I-GmbH als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Nun verlangt I von W Räumung des Wohnhauses und Herausgabe des Grundstücks. W weigert sich, überdies solle er zumindest die Kosten für den Bau des Hauses zurückbekommen. Die Prüfung verlief wild und unzusammenhängend, so dass eine Lektüre der bis zur nächsten Prüfung sicherlich veröffentlichten Entscheidung (OLG München) sicher sinnvoll ist. Hier nur kurz die besprochenen Punkte. AGL-Herausgabe: § 985 BGB. Grundsätzliches zur Grundstücks-Übertragung, §§ 873, 925 BGB, das Haus als Bestandteil des GS §§ 94, 95 BGB, Bestehen eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, Recht zum Besitz aus der Dauernutzungsvereinbarung, Übergang auf I? Figur des Nicht-Mehr-Berechtigten Besitzers (Ablehnung, Verweis auf §§ 812 ff., §§ 823 ff. BGB und damit die nicht Schutzwürdigkeit), Rolle § 994, Einordnung als RzB (-) iVm. § 1000 BGB, unterschiedlich weite Verwendungsbegriffe des BGH und der Literatur und welche Folgen sich daraus ergeben. Abwandlung des Falls: I-GmbH bringt vor, in der Zeit der Weigerung des W das Grundstück hätte vermieten zu können, dadurch sei ein Schaden durch den Ausfall von Mietzahlungen entstanden iHv. 3.000, – . Die Klage wird W am 31.1.2023 zugestellt. Der Anwalt des W ist von einem RzB überzeugt. Besprechung: Übersicht und Systematik der Regelungen der §§ 989 ff. BGB und Prüfung aller Tatbestandsvoraussetzungen, Unterscheidung vor/nach Rechtshängigkeit, Begriff des Vorhalteschadens, Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zum Zeitpunkt der Verwendung, Vertrauen auf Aussage des Anwalts, Unterschied von Einwendungen/Einreden. Ohne wirkliche Auflösung des Falls erfolgte ein Sprung ins Gesellschaftsrecht. Die Prüfung setzte sich aus einem kleinen Fall und abstrakten Fragen zusammen: Zunächst die Vertretungsformen und die Prozessfähigkeit der GmbH, insbesondere (vgl. § 13 GmbHG). Auch die Gründung der GmbH (vgl. § 1 GmbHG). Klassische Frage bei der Prüferin ist der Unterschied zwischen Personengesellschaften und juristischen Personen, insbesondere Haftung, Mehrheitsverhältnisse bei Entscheidungen, (Un)Abhängigkeit von Mitgliedern. Im Rahmen der Haftung war insbesondere die Abgrenzung nach Zeitabschnitten entscheidend, Nachhaftung. Die Prüferin wollte hören welches Gesetz ab 1.1.2024 in Kraft tritt und welche Neuerungen das MoPeG mit sich bringt (Kodifizierung der Rechtsprechung zur GbR in den §§ 705 ff. BGB, Einführung eines eigenen Registers. Worin unterscheiden sich die oHG und KG (Haftung, Aufbau aufeinander). Wesentlich Beteiligte: Komplementär und Kommanditist. Kleiner Fall: Gründung KG, B und C als Komplementär, D als Kommanditist. Vereinbart ist eine Gesamtvertretung. C tritt Ende August 2022 aus der KG aus, der Eintrag ins Register erfolgt allerdings erst am 2.10.2022. Zwischen Austritt und Eintragung beauftragt B (entgegen der Gesamtvertretung) den Maler M mit Malerarbeiten im Wert von 680,-. Diese werden im September durchgeführt und auch abgenommen. M wendet sich nun an C und verlangt von diesem 680,-. C beruft sich auf die nicht eingehaltene Gesamtvertretung (à Problem des Innenverhältnisses, Fehlende Eintragung der Gesamtvertretung, Eintragungspflichtigkeit, vgl. § 15 HGB) und auch auf seinen Austritt aus der KG (à Fehlende Eintragung des Austritts, Nachhaftung). Im Gegensatz zu den vorherigen Protokollen empfand ich die Prüfung als sehr umfangreich und im Rahmen des EBV eher unüblich für diese Prüferin. Die Notengebung empfand ich aber den Schwierigkeiten vor allem des ersten Teils angemessen und wohlwollend. Alles sehr gut machbar und Notensprünge definitiv machbar. Alle Prüflinge haben sich moderat verbessert und ca. 1 NP-Sprung nach oben geschafft und überwiegend auch ihre Ziele erreicht. Also nur Mut, auch wenn größere Sprünge notwendig sind. Alles halb so schlimm! Überraschend wie man an Fragen „vorbeiantworten“ kann bzw. das Gespräch eigens auf sicherere Themen gelenkt werden kann (Gerne Begriffe oder überschneidende Themen beiläufig erwähnen und auf Rückfragen hoffen).
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im August 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.