Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Bayern vom Januar 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Januar 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 9 6 7 5
Zivilrecht 10 11 10 9
Strafrecht 11 12 8 10
Öffentliches Recht 14 14 11 11
Endpunkte 35 37 29 30
Endnote 9 7 8 6

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Vorbescheid, Versagungsgegenklage, Bauen im Außenbereich, Bestandsschutz

Paragraphen: §35 BauGB, §42 VwGO, §78 VwGO, §61 VwGO, §15 BauNVO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer diktierte am Anfang einen Sachverhalt, der aus dem klassischen Baurecht stammte.
Es ging um ein Flurstück 500m außerhalb einer Ortschaft in der kreisangehörigen Gemeinde Neunkirchen am Brand (Landkreis Forchheim), auf dem die Eigentümer A und B zusammen als GbR sowohl ein Unternehmen (Baumschule) betreiben, als auch ein Wohnanwesen haben. Der Flächennutzungsplan der Gemeinde sieht in diesem Gebiet eine landwirtschaftliche Nutzung vor. Die Kläger A und B stellten eine Bauvoranfrage zwecks Nutzungsänderung, sie wollten das Wohnanwesen umwandeln in einen Tanzclub, der gewerblich betrieben werden sollte. Diese Bauvoranfrage wurde abgelehnt, das Schreiben erging ohne Rechtsbehelfsbelehrung. Mit Bauvoranfrage ist ein Vorbescheid i.S.d. Art. 71 BayBO (Bebauungsgenehmigung; Klärung der bauplaungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens) gemeint.
Dann sollte klassisch eine Klage von A und B geprüft werden. Die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges wurde bejaht – es wurde jede einzelne Voraussetzung genau besprochen.
Als statthafte Klageart wurde die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage bestimmt. Dabei wurde das Vorliegen eines Verwaltungsaktes geprüft und bejaht. Vorverfahren wurde angesprochen und als unstatthaft mit Bezug auf Art. 15 II AGVwGO erklärt. Die Einhaltung einer Frist ergibt sich aus § 74 VwGO, wobei beachtet werden musste, dass aufgrund der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung die Jahresfrist galt, § 58 II VwGO. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, hier wurde besprochen, unter welchen Tatbestand des § 61 VwGO die GbR fällt (Nr. 2) und von wem sie vertreten werden muss. Das Rechtsschutzbedürfnis wurde nur kurz erwähnt, ebenso wie die Einhaltung gewisser Formvorschriften, §§ 81 f. VwGO.
Die Begründetheit der Klage wurde ebenso ausführlich besprochen, von der Passivlegitimation hin zur genauen Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nach §§ 29 ff. BauGB. Im Rahmen des §35 BauGB wurde dann thematisiert, ob es sich um ein privilegiertes Vorhaben handeln könnte (nein), inwiefern der Flächennutzungsplan dem Vorhaben entgegensteht und ob etwaiger Bestandsschutz das Vorhaben doch noch legitimieren würde. Eingegangen wurde dabei auch auf die BauNVO und die Frage, in welchem Gebiet ein solcher Tanzclub generell zulässig wäre usw.
Insgesamt war es ein typischer Baurechts-Fall, der sehr ausführlich besprochen wurde.
Die Prüfungssituation war sehr locker und hat sogar unter dem Strich Spaß gemacht.