Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
11,25 |
Gesamtnote 1. Examen |
11,8 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Neuer Verteidigungsminister. Geplante Wahlrechtsreform
Paragraphen: §65 GG
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer prüft immer tagesaktuelle Themen. Hierauf müsst ihr euch einstellen. Bei uns ging es um die geplante Wahlrechtsreform und die Ministerien (am Tag der Prüfung wurde Herr Pistorius als neuer Verteidigungsminister vorgestellt). Zu Beginn der Prüfung schaute der Prüfer auf sein Handy, ob schon der neue Nachfolger von Frau Lambrecht feststand. Dies war nicht der Fall. Dann fragte er den ersten Prüfling, wo im Gesetz, denn etwas zu den Ministerien steht (Art. 62 ff GG). Dann wollte er wissen, wie man den Minister wird (Art. 64 GG). Anschließend an diese Frage wollte er dann wissen, wie man diesen Posten wieder verlieren kann (Antwort auch in Art. 64 GG). Danach wollte er noch wissen, welche allgemeinen „Rechte“ der Bundeskanzler sonst noch so besitzt (z. B. Art 65 I GG Richtlinienkompetenz). Er wollte dann weiterwissen, welche Ministerien wir, denn so kennen und von welchem Minister diese geleitet werden. Der Professor wies darauf hin, dass es zwei verschiedene Arten von Ministerien gibt. Er wollte wissen welche Arten diese sind. Richtige Antwort war, dass es einerseits ständige Ministerien (diese müssen nach jeder Bundestagswahl in jeder Bundesregierung gebildet werden) und andererseits nicht obligatorische Ministerien gibt. Verpflichtende Ministerien sind z. B. das Verteidigungsministerium und das Finanzministerium. Diese beiden Ministerien sind verpflichtend, weil sie unmittelbar im Grundgesetz erwähnt sind. Dann ging es mit dem nächsten Thema – der geplanten Wahlrechtsreform – weiter. Dieses Thema diente zum Glück jedoch nur als allgemeiner Aufhänger. Der Professor wollte keine Details hierzu wissen, sondern allein allgemeine Fragen zum Thema Wahl stellen. Hierbei kam ein Prüfling dann auf Art. 38 GG zu sprechen. In diesem Artikel sind die verschiedenen Wahlrechtsgrundsätze aufgezählt. Diese sollten definiert werden. Ich glaube es wurde sehr honoriert, als hier die Begriffe Zählwertgleichheit und Erfolgswertgleichheit von einem Prüfling gebracht wurden. Dann stellte der Professor eine fiktive Frage: „Welche Grundsätze wären berührt, wenn man den Parteien vorschreiben würde, dass auf ihren Kandidatenlisten zu 50 % Männer und zu 50 % Frauen vertreten sein müssen“. Auf diese Frage wusste keiner der Kandidaten eine Antwort. Der Professor ritt hierauf nicht lange herum und ging über zur nächsten Frage. Dann erwähnte er, dass bei so einer Regelung in den Art. 21 GG eingegriffen werden könnte. Er wollte nun, dass wir eine schöne Grundrechtsprüfung aufbauen und argumentieren, wie ein Eingriff in Art. 21 GG gerechtfertigt sein könnte. In diesem Zusammenhang sollte der Art. 3 II GG und das Stichwort „Staatszielbestimmung“ fallen. Weiter kam man dann noch auf Art. 3 III GG und den Art. 33 II GG sprechen. Hierbei sollte erläutert werden, wo diese Vorschriften bei einer Grundrechtsprüfung relevant werden (bei der Rechtfertigung). Dann wollte der Prüfer noch allgemein von einem Prüfling wissen, wo denn das Organstreitverfahren geregelt ist. Dies wurde leider nicht gewusst. An dieser Stelle konnte man die Enttäuschung vom Prüfer leider merken. Abschließend kann ich Euch folgenden Rat ans Herz legen: Habt die Basics im Verfassungsrecht, Staatsorganisationsrecht und Europarecht drauf!! Was sitzen muss ist der allgemeine Grundrechtsaufbau (ist fast der gleiche Aufbau wie bei den Grundfreiheiten). Verkopft euch nicht mit irgendwelchem Detailwissen. Schaut die Wochen vor der Prüfung jeden Abend Tagesschau und überlegt euch, ob zu diesen Themen irgendetwas im Grundgesetz geregelt ist.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Januar 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.