Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern vom Juli 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Zunächst diktierte der Prüfer folgenden Fall.
Die Eheleute M sind Mieter eines Wohnhauses im Ortskern einer Gemeinde. Für dieses Gebiet besteht ein qualifizierter Bebauungsplan „Am Weinberg“ aus dem Jahre 2001. Als Art der baulichen Nutzung ist ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Auf dem Nachbargrundstück steht ein Wohnhaus, in dessen Erdgeschoss eine Gastwirtschaft seit Jahren leer steht. Frau A, die Eigentümerin des Nachbargrundstückes, betreibt ein Büro in der Nachbargemeinde. Dieses Büro will sie in die leerstehenden Räume verlegen. In der Planung ist vorgesehen, dass die Räume im Erdgeschoss als Büroräume für sie und ihre Angestellten genutzt werden sollen. A stellt daher bei der Gemeinde eine Bauvoranfrage zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit. Das Landratsamt Würzburg erteilt daraufhin der A einen Vorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit für das Erdgeschoss.
Die Nachbarn erheben Klage vor dem VG Würzburg. Ein Jurastudent weist die Nachbarn zudem darauf hin, einen Eilantrag an das Gericht zu stellen.
Der Prüfer fragte, ob hier ein Eilantrag statthaft sei. In der Hauptsache ist eine Drittanfechtungsklage statthaft. Hier könnte die aufschiebende Wirkung gem. §§ 80 II S. 1 Nr. 3 VwGO, 212a BauGB entfallen.
Danach ging der Prüfer zur Begründetheit der Anfechtungsklage über. Ihm kam es wesentlich auf die Bildung eines richtigen Obersatzes an.
Rechtsgrundlage des Vorbescheids ist Art. 71 BayBO. Hier war die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 30 I BauGB zu prüfen. Laut Bebauungsplan wurde die Art der baulichen Nutzung als allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO festgesetzt. Das geplante Büro ist nicht bereits nach § 4 II BauNVO zulässig. Die geplante Nutzungsänderung widerspricht damit den Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans. Das Büro fällt nicht unter die Ausnahmen des § 4 III BauNVO. Ebenso wenig wurde eine Befreiung nach § 31 II BauGB erteilt.
Der Prüfer fragte danach nach der Rechtsverletzung des Klägers. Er wollte die Schutznormtheorie wissen und fragte, welche Normen im Baurecht drittschützend seien.