Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Bayern vom Juni 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Juni 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 4
Prüfungsgespräch 5
Endnote 7
Endnote (1. Examen) 5,2

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Unterhalt

Paragraphen: §1601 BG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Zunächst schilderte die Prüferin folgenden Fall: Student, 23 J., hat begonnen Jura an der Uni Würzburg zu studieren. Er hat eine eigene Wohnung. Seine Eltern sind geschieden, die Mutter wohnt in München, der Vater in Augsburg. Der Student ist nach dem Abi ausgezogen und hat ab da bereits seinen eigenen Haushalt geführt. Zum beruflichen Werdegang sollen wir wissen, dass erst nach der 5. Klasse ans Gymnasium kam und die 7. Klasse wiederholt hat. Sein Abi hat er mit 3,2 gerade so geschafft. Anschließend machte er eine Ausbildung zum Rechtspfleger, die er als Jahrgangsbester abschloss. Er beschloss aufgrund dieses Erfolgs nun Jura zu studieren. Dies teilte er nun schriftlich seinen Eltern mit und bat sie ihn finanziell zu unterstützen. Seine Eltern sind beide berufstätig, verdienen jeweils 2.500 € netto und wohnen beide in eigenen Immobilien. Der Student hat selbst kein Vermögen.
Nun fing sie der Reihe nach Frage zu stellen, Zunächst wollte sie wissen welche Arten von Unterhalt es generell gibt und anschließend welche konkret einschlägig ist. Antwort: Kindesunterhalt, § 1601 BGB Grundlage für den Unterhalt eines Volljährigen ist § 1601 selbst. Danach sollte man die Bedürftigkeit erläutern. Die Frage war, ob der Stud. einen Bafög-Antrag stellen müsste und die Eltern ohne einen solchen die Zahlungen verweigern könnten. Antwort: Ja, da Obliegenheit des Studenten einen solchen Antrag zu stellen. Danach wurde die Leistungsfähigkeit, 1603, erläutert (Existenzminimum, gesteigerte Erwerbsobliegenheit) sowie Unterschied beim Selbstbehalt bei Minderjährigen und Volljährigen, ohne das hier konkrete Zahlen notwendig waren. Man musste lediglich wissen, dass der SB beim Minderj. geringer ist und die Begriffe notwendiger und angemessener SB kennen. Dann wurde gefragt, wo man den Bedarf des Kindes ermitteln könnte. Antwort: Düsseldorfer Tabelle (ist eine Richtlinie). Dann wurde der Fall fortgeführt. Nun möchte der Stud. nur gegen seinen Vater vorgehen, da er zu seiner Mutter ein gutes Verhältnis hat. Gefragt war nach der Haftungsgrundlage der Eltern: § 1606 III. Dabei haften beide Elternteile anteilig, sodass der Stud. auch nur den vom Vater geschuldeten Teil geltend machen kann, nicht das Ganze. (Keine Gesamtschuldnerschaft mit Rückgriff o.ä.) Nun sollte erläutert werden, ob es ein Problem darstellt, dass es erst mit 23 J. studiert und welche Art Ausbildung das jetzt sei. Man sollte den Unterschied zwischen Zweitausbildung(fachfremd) und Weiterbildung/Fortbildung nennen und auf den Fall bezogen Einschlägigkeit prüfen (schlechtes Abi, „hohes“ Alter beim Studienbeginn etc.). Dann sollten wir noch argumentieren, ob ein sechsmonatiger Bundeswehrdienst vor dem Studium den Anspruch auf Unterhalt beeinträchtigen würde. Im Grunde sollte im Rahmen einer Abwägung entschieden werden und die Planmäßigkeit des Studiums eine zentrale Rolle spielen. Die Mutter können dem Stud. auch nicht statt dem Barunterhalt die Unterkunft und Verpflegen anbieten (§ 1612 I), da er das Recht auf einen eigenen Haushalt hat und dafür Barunterhalt. Zum Schluss wurde die prozessuale Seite geprüft. Sachliche (§ 23 a GVG i.V.m. §§ 111 Nr. 8, 112 Nr.1 FamFG) und örtliche (§ 232 III FamFG, §§ 12 f. ZPO) Zuständigkeit des Familiengerichts. Dann der Anwaltszwang, § 114 FamFG. Eilrechtsschutz gibt es in § 49 FamFG, einsteilige. Anordnung, für den es gem. § 114 IV keinen Anwalt braucht. Dieser kann aber nur bezogen auf künftige Ansprüche geltend gemacht werden. Ansprüche aus der Vergangenheit können gem. § 1613 BGB zwar geltend gemacht werden, aber nur im Hauptsacheverfahren. Für die Verfahrenskostenhilfe wäre über § 114 FamFG die ZPO anwendbar.
Voraussetzungen sollten genannt werden (v.a. Aussichten auf Erfolg). Das wars dann auch schon.
Habt keine Angst! Kaum ein Prüfer will einem etwas Schlechtes. Wenn sie merken, dass man nicht weiterweiß, dann fragen sie den Nächsten. Wenn man hingegen etwas weiß, dann lassen sie einen auch ausreden und würdigen das entsprechend. Insgesamt war die Prüfungssituation also durchaus trotz extremer Anspannung relativ angenehm. Haltet durch, es ist sehr bald vorbei. Viel Erfolg!