Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
9,0 |
Endnote |
10,0 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: protokollfest
Prüfungsthemen: Baugenehmigung im unbeplanten Innenbereich; Antrag nach § 123 I VwGO; Religionsfreiheit von sektenartigen Organisationen; Zuständigkeiten im Baurecht in Berlin
Paragraphen: §34 BauGB, §123 VwGO, §4 GG, §140 GG, §246 Bau GB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer stellte den „Koranschulen Fall“ aus seinem Repertoire in der Abwandlung, dass eine Scientology-Gemeinde einen Gebetsraum und Unterrichtsräume in einem Haus einrichten will. Es soll mit wenigen Personen, aber auch nach 22 Uhr zu Veranstaltungen kommen. Der Verein wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Bauaufsichtsbehörde lehnt den Antrag auf Nutzungsänderung ab, weil sowohl Lärm durch An- und Abfahrten als auch eine intensive Missionierung befürchtet werden. Das Haus liegt in einem Gebiet, das Elemente eines allgemeinen Wohngebiets und eines Mischgebiets enthält. Der Verein will schnellstmöglich Rechtsschutz, zusätzlich zu einem bereits eingelegten Widerspruch. Zunächst wurde das Begehren nach §§ 88, 122 VwGO ausgelegt. Es war einstweiliger Rechtsschutz zu prüfen. Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs wurde kurz nach der modifizierten Subjekttheorie geprüft. Außerdem wollte er hören, dass durch die Handlungsform VA der Verwaltungsrechtsweg bejaht werden kann. Statthaft war – da es in der Hauptsache eine Versagungsgegenklage wäre – der § 123 I VwGO. Antragsbefugnis aus Art. 4, 12, 14 GG bzw. § 71 BauO Bln. Der Prüfer wollte unbedingt darauf hinaus, dass es einen Streit gibt, ob Art. 4 GG wegen Art. 140 GG i.V.m WRV direkt für religiöse Gemeinschaften oder nur für den einzelnen gilt, also ob man Art. 19 III GG heranziehen muss. Dann wollte er die Zuständigkeiten für Vorverfahren in Berlin und Brandenburg erklärt haben (§ 67 ASOG in Berlin). In der Begründetheit gingen wir nur kurz auf die Vorwegnahme der Hauptsache ein, prüften dann den Anordnungsgrund (eher abzulehnen) und schließlich den Anspruch, § 113 V 1 VwGO. In der formellen Rechtmäßigkeit ging es um die Zuständigkeit des Bezirks, dann materiell direkt um die Genehmigungsfähigkeit. Er wollte hören, dass das Prüfprogramm Bauordnungs- und Bauplanungsrecht enthält. Schließlich ging er noch auf § 246 II BauGB ein, nach dem i.V.m § 6 AGBauGB Bln der Bauplan in Berlin keine Satzung, sondern eine RVO ist. Zuletzt prüften wir noch kurz § 34 II BauGB, der wegen der Uneindeutigkeit des Gebiets nicht einschlägig war, und schließlich § 34 I BauGB mit den Wertungen der BauNVO. Ihm war wichtig, dass der Begriff „kirchlich“ nur christliche Einrichtungen umfasst, aber verfassungskonform ausgelegt werden muss. Ob Scientology darunterfällt, durfte letztendlich offenbleiben, dazu gibt es verschiedene Ansichten in der Rechtsprechung. Insgesamt war die Prüfung schleppend. Immer wieder hängte der Prüfer sich an einzelnen Begriffen oder Normen auf und stocherte nach diesen. Es kam uns so vor, als habe er in seinem Kopf eine sehr spezifische Prüfungsreihenfolge, die unbedingt eingehalten werden muss. Dabei müssen an bestimmten Stellen Begriffe fallen. Wer (auch auf vertretbare Weise) anders prüfen will, kommt damit bei ihm nicht weit. Daher ist es wichtig, sich genau an seinen Fragen zu orientieren.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin vom Februar 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.