Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin vom März 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Die Prüferin schilderte zunächst folgenden Fall:
Der vermögende B kauft bei K ein Bild für 50.000€, das angeblich aus dem 18. Jahrhundert stammt. Das Bild wird von K an B übereignet. Nach einiger Zeit kommen bei B Zweifel an der Echtheit des Bildes auf. Er bringt es zu einem Sachverständigen S.
Dieser teilt dem B nach einer ersten Überprüfung mit, dass das Bild jedenfalls nicht aus dem 18. Jahrhundert stammt. Daraufhin erklärt B dem K die Anfechtung während das Bild noch im Besitz des S verbleibt. S kontaktiert den B daraufhin erneut und teilt ihm mit, dass er herausgefunden hat, dass das Bild zwar nicht aus dem 18. Jahrhundert, jedoch aus Australien stammt und ca. 100.000€ wert ist. Daraufhin entscheidet sich B, das Bild nun doch zu behalten und ficht seine Anfechtung an. S händigt dem B das Bild aus. Der K möchte die Anfechtung der Anfechtung nicht akzeptieren und überlegt, wie er das Bild von B herausbekommen könnte.
Die Prüferin stellte keine Fallfrage, sondern forderte den ersten Prüfling dazu auf, sich zu dem Fall zu äußern.
Der erste Prüfling begann mit der Suche nach vertraglichen Ansprüchen. Wir prüften eine Anfechtung. Daraufhin wurde ein sachenrechtlicher Anspruch geprüft, der aber wegen der wirksamen Übereignung und mangels entsprechender Anfechtung ausschied. Wir kamen sodann zum Bereicherungsrecht und bejahten § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB.
Daraufhin fragte die Prüferin, ob es noch weitere Ansprüche gäbe. Wir kamen darauf, dass vielleicht das Gewährleistungsrecht vorrangig zu prüfen ist. Da wir eine Nacherfüllung verneinten, kamen wir auf den Rücktritt zu sprechen. Hier ging es dann darum, ob eine Umdeutung bzw. eine Auslegung ergibt, dass die Anfechtungserklärung eine Rücktrittserklärung darstellt. Die Prüferin wollte wissen, was die Voraussetzungen der Umdeutung sind und ob eine solche vorliegt. Zudem wollte sie den lateinischen Begriff der falsa demonstratio non nocet hören. Der Rücktritt wurde im Folgenden bejaht.
Dann kamen wir auf die Anfechtung der Anfechtung zu sprechen. Hier diskutierten wir, ob ein Inhaltsirrtum über die Bedeutung der Anfechtung in Betracht kommt. Die Prüferin wollte wissen, wie die verschiedenen Irrtümer definiert werden.
Dann wollte Die Prüferin wissen, ob es noch weitere Ansprüche gibt, weil S dem B das Bild herausgegeben hat. Wir prüften eine GoA und verneinten diese. Dann prüften wir Besitzschutzansprüche, verneinten diese jedoch ebenfalls, weil die Rechtsfolge des § 346 I BGB noch kein Eigentum, sondern lediglich einen Anspruch verschafft.
Dann folgten ZPO Fragen. Die Prüferin wollte wissen, vor welchem Gericht der Anspruch geltend gemacht werden kann. Wir kamen auf das LG Berlin. Danach wollte sie noch hören, ob es ggf. ausschließliche Gerichtsstände gäbe, die zu beachten sind. Zudem wollte sie hören, dass vor dem LG Anwaltszwang (§ 78 ZPO) herrscht. Dann fragte sie nach der Rechtsfolge einer Säumnis. Wir besprachen die §§ 330 ff. ZPO. Sie wollte wissen, was eine Säumnis ist und wie man gegen ein Versäumnisurteil vorgehen kann. Wir kamen auf § 338 ZPO. Sie wollte dann wissen, wie man die Frist nach § 339 ZPO berechnet. Wir kamen auf § 222 und § 221 ZPO. Sie wollte dann wissen, wie man die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand erreichen kann (§ 233) und ob anwaltliches Verschulden zuzurechnen ist (§ 85 II ZPO). Abschließend wollte sie noch wissen, wie der Antrag an das Gericht zu formulieren ist (nämlich inkl. des Zusatzes „zur Verurteilung Zug um Zug“) und was Zug um Zug bedeutet. Sie fragte, dann noch, was passiert, wenn man den Zusatz auslässt.
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