Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz vom Februar 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer knüpfte an unsere vorherige Strafrechtsprüfung an und fragte, was man als Anwalt denn jetzt machen könnte, wenn einen jemand am Kopf verletzt hat oder erschreckt hat. Dabei ging es allerdings nicht um ZPO Geltendmachung i.R.e. Klage o.Ä., sondern nur um die Schadensposition. Der erste Prüfling prüfte 823, wobei der Prüfer schon nach den ersten paar Sätzen darauf drängte, dass der Tatbestand gegeben sei. Dann ging es um den Schadenersatz und Schmerzensgeld. Der Prüfer prüfte hier sehr(!) undogmatisch, d.h. es kam nicht auf eine Subsumtion unter 249ff an, sondern er fragte einfach pauschal, was so dafür bekommen würde, nach welchen Kriterien sich das Schmerzensgeld bemisst usw. Im Rahmen etwaiger Heilbehandlungskosten wurde gefragt, ob i.S.e. normativen Schadensbegriffs dies den Schädiger entlassen soll, wobei der Prüfer einhakte und einen darauf hinführte, dass die Krankenkasse ja zahlt, aber sie den Anspruch dann bekommt. Es war erfreut das Wort cessio legis zu hören, wobei das VVG o.Ä. nicht mit einem Wort erwähnt wurde.
Dann erzählte er, dass er manchmal Mäxchen in der Kneipe spielt bzw. nutzte dies als Einstieg dafür, was denn Ehrenschulden sind. Es ging dann um 762 BGB, wobei hier absolut gar keine Kenntnisse vorausgesetzt wurden. Man sollte einfach nur den Wortlaut lesen und dann sagen, was da steht (keine Leistungspflicht, aber Rückforderungsausschluss). Mit Verweis auf die Überschrift fragte der Prüfer dann, ob man noch weitere unvollkommene Verbindlichkeit kenne (Heiratsvermittlung).
Dann kam er tatsächlich auf die schon in sehr vielen Protokollen beschriebene Frage nach dem Kranzgeld und ob einer wüsste, was dies sei; er rückte dies auch in die Nähe der unvollkommenen Verbindlichkeiten, weil ein Anspruch auf Eheeingehung nicht bestand, nur Schadensersatz (Ausnahme vom Grundsatz des Vermögensschadens), dann wurde noch kurz aufs Verlöbnis eingegangen und festgestellt, dass dies heute grds. auch noch so ist. Hier werden aber absolut keine Kenntnisse erwartet, der Prüfer formuliert einfach so lange um, bis jeder auf die Antwort kommt.
Anschließend bildete er den Fall aus der Netto Werbung: K kauft ein und an der Kasse ist es ihm zu teuer und sagt, dass es bei Netto billiger ist, lässt die Sachen liegen und geht, woraufhin die Kassiererin sagt „dann geh doch zu Netto!“.
Dann wurde gefragt, wann der Vertragsschluss im Supermarkt zustande kam, wobei man chronologisch vorgehen sollte (Ausstellen der Ware, Nehmen auf Regal, Legen in Einkaufswagen, Legen auf Kasse, Scannen der Kassiererin, Entgegennahme des Kunden). Der Fall bereitet keinerlei Probleme, man muss nur kurz die Invitation erwähnen und nach dem objektiven Empfängerhorizont auslegen, das kriegt jeder hin. Vertragsschlusszeitpunkt ist daher mit dem Scannen der Kassiererin, die nach 56 HGB ermächtigt ist. Es war der Prüfer egal, ob man die Norm kannte, er fragte einfach, ob es außerhalb vom BGB irgendwas gibt „so mit Gewerblichen, kennen Sie da was?“, man kann es eigentlich nicht falsch machen. Eigentum geht nicht mit dem Scannen über, weil der Supermarkt sich das Eigentum bis zur Zahlung vorbehält. Während dem Fall ging der Prüfer auf das ebenfalls schon in den Protokollen erwähnte Problem ein, dass bei Frischwaren immer stünde „Entnehmen verpflichtet zum Verkauf“, worauf man dies dann ablehnen musste, weil es die Verkehrsanschauung nicht so sähe (m.E. zw.), ggf. noch die AGB Kontrolle erwähnen. Dann sollte man herausarbeiten, dass das Kaufhaus nur Schadensersatz i.H.d. Einkaufspreis und ggf. Vorhaltekosten verlangen kann, nicht aber den Kaufpreis; auf eine AGL (wahrscheinlich cic) wurde nicht eingegangen.
Anschließend fragte er dann noch, ob der Kaufvertrag wieder weggefallen sein könnte am Ende.
Dann wurde kurz Anfechtung pauschal abgelehnt (ohne dogmatische Prüfung von 119ff oder Subsumtion unter 119 II), es reichte der Hinweis dass ein Motivirrtum vorlag, Rücktritt kam auch nicht in Frage mangels Pflichtverletzung. Punkten kann dann, wer den Aufhebungsvertrag erkennt und dann noch sieht, dass durch das Weggehen des Kunden das Angebot angenommen worden sein kann durch konkludentes Verhalten, wobei der Zugang entbehrlich war.