Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Berlin vom September 2024

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

11,54

Endnote

11,16

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest, aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Wahl in Thüringen/Sachsen, Organstreit, Fraktionsausschluss

Paragraphen: §38 GG, §93 GG, §63 BVerfGG, §64 BVerfGG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, lässt sich ablenken

Prüfungsgespräch:

Wie schon oft zuvor startete der Prüfer die Prüfung damit, dass er erklärte, später noch ein Mandantengespräch zu führen. Er schilderte uns sodann einen Sachverhält, der im Ansatz Bezug nahm auf die aktuellen Wahlen in Thüringen und Sachsen. Er gab an, dass seine Mandantin nach dieser Wahl sagte, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei hinsichtlich der Koalition mit „den Roten“ und „den Blauen“ zu hinter Denken sei, da „die Roten“ ja vielleicht nicht so schlimm wären wie „die Blauen“. Der Fraktion im Bundestag, der die Mandantin als MdB angehörte, fand dies allerdings nicht erfreulich und schlug mit voller Härte in Form eines Fraktionsausschlusses zurück. Ergo: typische Themen durch Parteien, Fraktionen und ein Organstreitverfahren. Auf einstweiligen Rechtsschutz sollte nicht eingegangen werden. Sodann wurde auf die Voraussetzungen des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG eingegangen und sich hieran auch recht lang aufgehalten. Ich fand nicht immer klar, an welchem Prüfungspunkt sich die einzelnen Prüflinge befinden. Hier wurde der Prüfer zwar viel auswendig Gelerntes präsentiert, dies verärgerte ihn allerdings eher, da gerade nicht am Gesetz gearbeitet wurde. Des Prüfers Fragestil begünstigt eine eher unstringente Prüfung zudem, da er letztlich auch jeden Prüfling Möglichkeit geben möchte, seine Meinung kundzutun. Die Beteiligtenfähigkeit der Fraktion und des MdB wurde mithilfe der GO BT und dem GG wurde erarbeitet, hierbei aber nicht näher auf die unterschiedlichen Wortlaute zwischen GG und BVerfGG eingegangen. Es wurde umfassend auf das Erfordernis einer Antragsbefugnis eingegangen und die Hintergründe (Ausschluss Popularklagen etc.) wurden erläutert. Zudem wurde auf die Verbandklage als Gegenbeispiel für eine Klage ohne nötige Antragsbefugnis dargelegt. Letztlich wurde die Möglichkeit der Verletzung des Rechts aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG angenommen. Der Prüfer war an dieser Stelle wichtig, dass von den Prüflingen verstanden wird, wieso das deutsche öffentlich-rechtliche Rechtssystem hier so aufgebaut ist. Insb. wollte der Prüfer auch wieder wissen, was denn nun eine „Streitigkeit“ im Verhältnis zu einer Maßnahme ist. Hier will er auch eigene Argumente sehen und merkt direkt, wenn nur ein vorheriges Protokoll wiedergegeben wird. In der Begründetheit wählte der Prüfer einen eher eigenen Aufbau mit EGL, formeller und materieller RM, also nicht wie sonst im Staatsrecht, Eingriff und Rechtfertigung durch besondere sachlich legitimierte Gründe. Es wurde dann umfassend auf formelle Erfordernisse hinsichtlich eines Fraktionsausschlusses eingegangen. Die Voraussetzungen der GO der fiktiven Fraktion im Fall wurden uns ausgeteilt und es sollte argumentiert werden, ob die dort genannten Voraussetzungen denn ausreichend wäre. Hier sollte eher lebensnah argumentiert werden und sich in die Rolle des MdB hineinversetzt werden. In materieller Hinsicht wurde dann der Konflikt zwischen Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG des MdB und Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG der MdBs der Fraktion „im Kollektiv“ herausgearbeitet und letztlich darauf abgestellt, dass ein Fraktionsausschluss erst rechtens wäre, wenn die Arbeit der Fraktion durch den einzelnen MdB erheblich eingeschränkt wäre oder es zu nachhaltigen Problemen der eigenen Meinungsentwicklung führen könnte. Anschließend wurde noch auf den einstweiligen Rechtsschutz nach § 32 BVerfGG eingegangen und die doppelte Nachteilsabwägung dargelegt. Die Zulässigkeit wurde nur überschlägig behandelt. Der Zeit geschuldet war die Prüfung hier dann auch bereits vorbei. Der Prüfer lässt also auch weiterhin seine Lieblingsthemenfelder erkennen, wobei gesagt sein muss, dass stures Auswendiglernen ehemaliger Protokolle aufgrund er Artverwandt Heit der Themen bemerkt wird und eigenes argumentieren eher honoriert wird.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin vom September 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.