Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Brandenburg im April 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 |
Vorpunkte | 3,57 |
Aktenvortrag | 2 |
Zivilrecht | 11 |
Strafrecht | 9 |
Öffentliches Recht | 9 |
Endpunkte | 4,82 |
Endnote | 5,51 |
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer eröffnete mit einem Fall.
Fall: Sie sind nach dem 2. Staatsexamen fertig mit allem und dann kommt eine Partei, Die Grünen, auf Sie zu. Diese können sich nicht einigen, ob nun die Annalena oder der Robert den Bundeskanzler machen sollen. Deshalb wollen Sie einfach den Kanzlerposten doppelt besetzen, also Doppelspitze nicht nur in der Partei, sondern auch im Amt. Geht das?
Der Prüfer wollte also hören, ob sich das Kanzleramt auf eine Person beschränkt oder ob es eben auch mehrere Kanzler geben kann.
Ich eröffnete mit Art. 63 GG, dort steht „der Bundeskanzler“ und nicht „die Bundeskanzler“, das spricht für die Begrenzung auf eine Person.Der Prüfer entgegnete dort steht eben auch „der Bundeskanzler“ aber nicht „die Bundeskanzlerin“. Wie kann es dann sein, dass eine Frau Bundeskanzlerin ist.
Ich entgegnete, dass die Frage des Geschlechts eine andere sprachliche Dimension aufweist als die Frage der Personenanzahl. Deshalb kann die weibliche Form oft in die männliche Form hineingelesen werden aber nicht eine beliebige Personenanzahl.
In der weiteren Diskussion fanden wir weitere Indizien als Art. 63 GG.
Ich verwies auf die Spannungsfragen die dadurch entstehen, beispielsweise wenn zwei unterschiedliche Richtlinien im Rahmen des Art. 65 GG festgelegt werden, weil die Kanzler sich uneinig sind.
Aber auch schon in Art. 62 GG wird von „dem Bundeskanzler“ geredet. So auch Art. 67 GG.
Art. 68 GG „des Bundeskanzlers“
Wir kamen dazu, dass es nicht vereinbar mit dem derzeitigen Wortlaut ist. Der Prüfer war auch dieser Meinung.
Dann fragte der Prüfer, wie man die Verfassung ändern könne und welches Verfahren notwendig wäre. Wir verwiesen auf Art. 79 GG.
Dann kamen Fragen zum Gesetzgebungsverfahren nach Art. 76 ff. von Gesetzesvorlage bis zur Ausfertigung durch den Bundespräsidenten. Das Gegenzeichnungsrecht ist dabei in Art. 58 GG geregelt, was wir erstmal suchten.
Sonst noch die Frage, ob der Bundespräsident ausfertigen muss? (Problem: formelles und/oder materielles Prüfungsrecht)
Dann war die Prüfung vorbei. Im Allgemeinen sollte man sich einfach auf diesen Prüfer einlassen, die Fälle variieren stark, dennoch benotet er sehr wohlwollend und bei guter Argumentation gehen die Punkte schnell nach oben.