Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
8 |
Gesamtnote 1. Examen |
8,6 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: protokollfest
Prüfungsthemen: Diebstahl, versuchter Diebstahl, Regelbeispiel, Rücktritt, Doppelirrtum, Erlaubnistatbestandirrtum, Berufung, Revision
Paragraphen: §242 StGB, §22 StGB, §223 StGB, §17 StGB, §312 StPO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, lässt Meldungen zu, hart am Fall
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer hat einen Aufgabenzettel austeilen lassen, auf dem sich vier kleine Fälle/Teil befanden. Die ersten drei waren materiellrechtlicher Natur, der letzte eine prozessuale Frage. Der Prüfer hat die Fälle jeweils vorgelesen und gefragt ob Rückfragen bestünden. Der erste Fall handelte von einem Taschendieb, der sich dem O nähert und in der Tasche nach wertvollen Gegenständen sucht, aber letztlich nichts findet und sich dann wieder von O abwendet. Zu prüfen war demnach ein versuchter Diebstahl sowie der besonders schwere Fall wegen der Gewerbsmäßigkeit gem. § 243 I 2 Nr. 3 StGB.
Der Prüfer wollte dazu die oder eine genaue Definition hören, was dann beim zweiten oder dritten Kandidaten gelungen ist. Die genaue und zügige Kenntnis und Nennung von Definitionen war insgesamt durchgehend von Vorteil, darauf sollte also geachtet werden. Der zweite Fall war sodann eine zeitliche Fortsetzung des ersten Falles. Das Opfer berichtet einem Freund bei einem Bier in der Kneipe von dem Vorfall. Der Freund denkt zu wissen, um wen es sich bei dem Täter handele und macht sich auf den Weg zu diesem, um ihm eine Abreibung zu verpassen. Erst dann realisiert das Opfer, dass sich der Freund wegen seiner Erzählung auf den Weg zu T macht. In Betracht kam insoweit eine Anstiftung zu einer Körperverletzung. Problematisch war sodann das Bestimmen im Sinne des § 26 StGB – hier wurden kurz die drei Theorien erläutert und unter den Fall subsumiert sowie der doppelte Anstiftervorsatz und der Zeitpunkt, wann dieser vorliegen muss bzw. worauf genau er sich beziehen muss (Simultanitätsprinzip!). Hier wollte der Prüfer noch eine weitere Form hören, wie dieses Phänomen beschrieben wird, es ist mir jedoch entfallen. Schnelle und genaue Kenntnis war also auch hier wieder gefragt. Grundsätzlich öffnete er mehrfach bei Definitionen die Frage an alle und wer sich am schnellsten gemeldet hatte, wurde drangenommen. Bei derlei kann man wunderbar punkten durch schnelles Denken und Abrufen des Gelernten; andererseits sollte man sich dann eben auch sicher sein, dass die Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig ist. Der dritte Fall hat dann mehrfach für leichte Verwirrung gesorgt, was aber schlicht in dem darin angelegten rechtlichen Problem lag. Ein Außenstehender sieht die Körperverletzungshandlung zwischen den oben genannten Personen und will der unterlegenen Partei zu Hilfe eilen. Dabei übersieht er jedoch, dass es eigentlich diese Partei ist, die den Angriff verübte, es nur wegen der verschiedenen Körpergrößen und weiteren situativen Merkmalen andersrum aussieht. Zu besprechen war also eine Rechtfertigung wegen Notwehr gemäß § 32 StGB. Ein Erlaubnistatbestandsirrtum lag nicht vor, zu den Fragen der Behandlung nach § 16 oder 17 etc. kamen wir also gar nicht. Gegeben war nämlich ein Doppelirrtum, also der Irrtum sowohl auf Tatbestands- als auch auf Rechtfertigungsebene. Seine Behandlung wurde anschließend noch erörtert. Schließlich wurde auch eine Rechtfertigung gem. § 127 StPO ausgeschlossen da die Handlung jedenfalls unangemessen war. Die Körperverletzung war damit nicht gerechtfertigt. Abschließend befassten wir uns mit der Frage, welche Rechtsmittel gegen strafrechtliche Urteile bestehen. Genannt wurden Berufung, § 312 StPO und die Berufung § 333 StPO. Sodann stellte uns der Prüfer die Frage, wann welches Rechtsmittel sinnvoll für den Verurteilten ist, woraufhin geantwortet wurde, dass die Berufung für den Fall in Betracht kommt, wenn der Verurteilte die Beweisaufnahme samt Zeugenladung erneut durchführen lassen will und die Revision dann vorzuziehen ist, wenn eine materiell rechtliche Würdigung des Gerichts angezweifelt wird. Damit war die Prüfung beendet.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Oktober 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.