Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hessen Juni 2015

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Orginal-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen vom Juni 2015. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 5,92 3,58 4,16 4,98 5,8
Zivilrecht 8 6 9 9 11
Strafrecht 8 8 6 9 9
Öffentliches Recht 9 9 9 9 10
Endpunkte 8,33 7,67 8 9 10
Endnote 6,72 4,94 5,44 6,2 7,2

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Meinungsfreiheit vs Beleidigung, Allgemeine Gesetze (Sonderrechtslehre), Wechselwirkungstheorie, Glaubensfreiheit und deren Schranken, Negative Glaubensfreiheit, praktische Konkordanz, Verwaltungsprozessrecht, §11 HSOG

Paragraphen: §5 GG, §4 GG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

 

Prüfungsgespräch:

Zuerst fragte uns der Prüfer, ob wir Englisch können. Daraufhin verteilte er an jeden Prüfling ein Blatt, auf dem stand: FCK CPS. der Prüfer fragte uns, ob wir diese Abkürzung kennen bzw. ob wir damit überhaupt etwas anfangen können. Nach kurzer Diskussion kamen wir zum Ergebnis, dass es sich dabei wohl um die Formulierung: FUCK COPS handeln muss. Der Prüfer war damit zufrieden und fragte uns, ob wir den Sachverhalt kennen. Leider waren wir ein bisschen verwirrt. Der Prüfer half uns dabei und erzählte, dass eine Gruppe von Polizisten wegen dieser Abkürzung geklagt hat und die ganze Sache sogar vor dem BVerfG landete. Danach kam die Frage, welche Rechte von den Polizisten hier verletzt sein könnten. Einer von den Prüflingen antwortete darauf, dass eine Verletzung der persönlichen Ehre in Betracht kommt und dass diese Formulierung eine Beleidigung darstellt. Der Prüfer wollte wissen, wo der Tatbestand der Beleidigung geregelt ist und um welche Art der Beleidigung es sich vorliegend genau handelt (es ging um kollektive Beleidigung). Gefragt wurde auch danach, ob es sich bei §§ 185 ff. StGB um allgemeine Gesetze handelt und wie das BVerfG in der Sache entschieden hat. Da wir die Entscheidung nicht kannten, haben sich einige der Prüflingen für eine Verletzung der persönlichen Ehre und die anderen gegen eine solche entschieden.
Als nächstes schilderte uns der Prüfer folgenden Sachverhalt: Eine Schülergruppe forderte ihre Schule auf, ihnen einen Raum zur Verfügung zu stellen, damit sie dort in der Pause in Ruhe beten konnten. Die Schuldirektion hat daraufhin ein Informationsschreiben an die Eltern der betreffenden Schüler mit dem Inhalt geschickt, dass dies leider aufgrund der Gewährleistung der Religionsfreiheit von den anderen Schülern nicht möglich sei. Der Prüfer wollte wissen, wie die Schüler gegen die Entscheidung der Schule vorgehen könnten. Zu prüfen war eine Klage auf Gewährung eines Raumes für Schulgebete. Zunächst war hier zu erläutern, welche Klage die statthafte Klage sein könnte. In Betracht kamen sowohl die Anfechtungs- als auch die Verpflichtungsklage. Man einigte sich für die Anfechtungsklage. Daraufhin müsste geprüft werden, ob es sich bei dem Informationsschreiben um einen VA i.S.d. § 35 I VwVfG handelt. Einzugehen war dabei auf alle Voraussetzungen eines VA. Im Endeffekt verneinte man das Vorliegen eines VA aufgrund der fehlenden Regelungsfunktion des Informationsschreibens, so dass man letztendlich zum Schluss kam, dass vorliegend die Leistungsklage die statthafte Klageart ist. Danach sprach man kurz die Voraussetzungen der Leistungsklage an und kam zur Prüfung der Begründetheit. Hier wollte der Prüfer wissen, welches Grundrecht verletzt sein könnte und ob dessen Schutzbereich vorliegend eröffnet ist. Es ging natürlich um den Eingriff in die Glaubensfreiheit der Schüler aus Art. 4 I und II GG. Dann musste man die verfassungsrechtliche Rechtfertigung prüfen. Zu erläutern waren die Schranken des Art. 4 I und II GG. Da Art. 4 I und II GG aber schrankenlos ist (und der Prüfer nichts von den eventuellen Schranken der Art. 136 ff. WRV hören wollte) kam man gleich zur Prüfung der Rechtfertigung aufgrund der praktischen Konkordanz. Als mögliches der Glaubensfreiheit entgegenstehende Grundrecht nannte man die negative Glaubensfreiheit der unbeteiligten Schüler. Dann wollte der Prüfer wissen, ob die negative Glaubensfreiheit der positiven Glaubensfreiheit gleichgestellt werden kann. Zuletzt wurde gefragt, welche Vorgehensweisen dem Schulleiter zur Verfügung stehen würden, wenn die Betroffenen Schüler aufhören würden, in die Schule zu gehen. Das Schulgesetz musste man nicht kennen, es ging also und das Einschreiten der Behörden im Sinne von HSOG. Danach war die Prüfung beendet.

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