Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen vom Juli 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Der A pflegte stets vor seiner Haustür zu parken. Als er mit dem Auto in Urlaub fährt und nach zwei Wochen zurückkehrt entdeckt er direkt vor seinem Haus und Lieblingsparkplatz ein absolutes Halteverbotsschild. Dies wurde von der Mainzer Stadtverwaltung im Zuge eines neuen Verkehrskonzeptes zum Schutze vor Radfahrern angebracht.
Eine öffentliche Diskussion darüber fand statt.
Des Weiteren hatten Radfahrer noch nie Probleme an dieser Stelle. Zudem sind eine Straße weiter Parkplätze als Ersatz geschaffen worden.
Zunächst wurde die Zulässigkeit geprüft mit der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs gem. § 40 I 1 VwGO. Dies wurde bejaht. Die Prüferin fragte allerdings nach, wann Normen denn öffentlich-rechtlich sind. Hier wurden die verschiedenen Theorien angesprochen und erläutert. Es kam ihr hier durchaus auch auf genaue Kenntnisse an.
Es ging weiter mit der Statthaftigkeit.
Hier musste geklärt werden, wie es sich denn mit Verkehrsschildern verhält und ob dieses einen Verwaltungsakts darstellen. Es wurde zwar diskutiert und die Merkmale eines VA gem. § 35 VwVfG durchgeprüft, dann aber ziemlich schnell festgestellt, dass es eine Allgemeinverfügung und damit ein VA ist. Allerdings wurde ziemlich lange über den Adressatenkreis geredet.
Die Zulässigkeit wurde querbeet geprüft und sich nicht an eine Reihenfolge gehalten. Vielmehr fiel die Frage „Was fehlt denn noch ?“ immer wieder.
Sodass dann auf die Frist eingegangen wurde und hier nochmals sehr lange darüber diskutiert wurde, wann jemand denn Kenntnis erlangt von einer Allgemeinverfügung. Es wurde hier sehr offen diskutiert, weil man auch anführen konnte, dass jeder, der in eine neue Stadt fährt, theoretisch dann eine einjährige Frist zum Widerspruch hätte. Am Ende entschied man sich für den Zeitpunkt der Möglichkeit der Kenntnisnahme, nicht der tatsächlichen Kenntnisnahme.
Das Vorverfahren wurde nur sehr kurz angesprochen.
Die Beteiligten- und Prozessfähigkeit wurde mit Normen genannt, was völlig ausreichend war.
Beim Klagegegner war die Besonderheit zu beachten, dass der Stadtrechtsausschuss in Mainz beteiligt ist.
Als letztes wurde dann die bis dahin noch fehlende Klagebefugnis gem. § 42 II VwGO geprüft und unproblematisch bejaht.
Damit war die Prüfung Zulässigkeit auch schon beendet.
Auf die Begründetheit sollte nicht weiter eingegangen werden, auch weil die Zeit schon recht fortgeschritten war.
Dann wandelte die Prüferin den Fall ab:
A fuhr wiederum in Urlaub. Diesmal ließ er das Auto aber auf seinem gewohnten Parkplatz stehen.
Es kommt in der Straße zu einem Wasserrohrbruch, weshalb ein mobiles Halteverbotsschild aufgestellt wird. Den dort Betroffenen wird eine Woche Zeit gegeben bevor das Haltverbot in Kraft tritt um ihre Autos wegzufahren.
Während seines Urlaubs war A allerdings nicht erreichbar.
Daraufhin wurde das Auto des A abgeschleppt und in einer Nebenstraße abgestellt.
Als A zurückkehrte fand er in seinem Briefkasten ein Kostenbescheid für das Umsetzen des Autos i.H.v. 150 €.
Nun wurde gefragt, was der A denn gegen den Kostenbescheid unternehmen könnte.
Hier wurde die Prüfung auch ziemlich konfus. Erstmal wurde die Erfolgsaussicht eines möglichen Widerspruchs angeprüft.
Dann stellte sich die Frage, ob der Kostenbescheid rechtmäßig war, wobei die Prüferin nicht darauf hinaus wollte, ob das Abschleppen rechtmäßig war. Dennoch wurde angesprochen, dass es sich um eine Ersatzvornahme handelte.
Dann sprangen wir sehr viel in den Themen. Das LVwVG Rlp sollte auf jeden Fall bekannt sein. Hauptsächlich ging es dann um Verwaltungsrecht AT. Lange hielten wir uns an der Frage auf, wann denn ein VA unanfechtbar wird. Hier wurde es mehr oder minder eine offene Diskussion, wonach die Prüfung auch schon beendet war.
Die Notengebung empfanden wir als eher streng, aber fair. Zu manchen Dingen konnten die Prüflinge auch nichts sagen, weil wir schlicht nicht wussten was wir gerade prüfen sollten. Daher mussten wir oft nachhaken.