Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Mai 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 |
Vorpunkte | 22 |
Zivilrecht | 6 |
Strafrecht | 6 |
Öffentliches Recht | 4 |
Endpunkte | 16 |
Endnote | 4,2 |
Prüfungsgespräch:
Wir hatten uns bewusst dazu entschieden das Öffentliche Recht an dritter Stelle prüfen zu lassen.
Wenn man in der Prüfung nervös ist, sollte und darf man sich unter keinen Umständen vom Verhalten von der Prüferin irritieren lassen. Während der anderen beiden Themengebiete des Prüfungstages gähnte sie auch mal und schüttelte hin und wieder ungläubig den Kopf, wenn ein Prüfling eine falsche oder unpräzise Antwort gegeben hat. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine schlechte Notenvergabe. Persönlich empfand ich das Prüfungsgespräch eher als zäh und schleppend, die Notenvergabe erfolgte aber fair.
Prüfungsinhalt war ein Klassiker ihrer bisherigen Prüfungen und ein aktuelles Thema. Es ging um ein potentielles Kopftuchverbot für Mädchen in der Grundschule. Ein solches ist kürzlich in Österreich in Kraft getreten und auch bei uns ist es wieder in der aktuellen Debatte angekommen. Es lohnt sich daher die Medien im Bereich der Grundrechte im Auge zu behalten. Auch aktuelle Beiträge auf der Homepage der Professur können hilfreich sein.
Die Prüfung begann mit folgender Aufgabenstellung:
Sie sind Mitarbeiter im hessischen Ministerium und erhalten die Aufgabe ein Gesetz zu entwerfen, welches auf ein Kopftuchverbot für Mädchen in der Grundschule abzielt. Es ging zum Start darum, was die ersten Schritte des Mitarbeiters sein würden und wie man ein solches Vorhaben angehen würde. Folglich würde über die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder diskutiert und wo diese zu finden sind. Die Prüferin bleibt bei der Prüfung nicht strikt bei ihrer Ausgangsfrage, sondern stellt immer wieder Fragen, welche sich auf die gegebenen Antworten der Prüflinge beziehen.
Weiter ging es um einen möglichen Gesetzesentwurf und wie dieser lauten könnte. Es gab nun die Möglichkeit verschiedene Varianten zu nennen. Von einem generellen Kopftuchverbot während der Schulzeit, dem Verbot jedweder religiösen Kopfbedeckung bis zum Verbot des Tragens von religiösen Symbolen generell. Dabei ging es weniger um richtig oder falsch. Es wurde aber erwartet präzise Antworten zu geben. Auf Unwissen reagiert sie relativ harsch und ungläubig.
Es wurde nun diskutiert warum ein Verbot überhaupt in Erwägung gezogen werden könnte/müsste und ob Kinder überhaupt Träger der Religionsfreiheit sein können. Es wurde weiter überlegt in welcher Weise ein Kopftuchverbot diskriminierend wirkt und ob es Reibungspunkte mit weiteren Grundrechten und den Grundrechten anderer Personen in der Schule geben könnte.
Gegen Ende der Prüfung stellte sie noch eine Wissensfrage. Sie stellte jedoch klar, dass wir keine Ausführungen machen sollten, sondern nur die Antwort geben sollen, wenn wir sie wissen. Es fiel jedoch nicht negativ ins Gewicht, wenn man die Antwort nicht kannte. Es ging um den Augsburger Religionsfrieden.
Die Prüfung schloss mit der Frage was wir von den Thesen halten, dass die Religionsfreiheit das älteste Grundrecht sei. Es wurden die verschiedensten Zeiträume genannt. Von 1.000 v.Chr., der Magna Charta bis zur Weimarer Reichsverfassung. Was die richtige Antwort war wurde nicht aufgelöst. Die Prüferin war aber wohl nicht ganz zufrieden mit den Antworten und fragte uns ob wir uns überhaupt bewusst war, dass es auch viele Religionskriege in der Geschichte gegeben habe.
Wichtig während der Prüfung ist vor allem, keine überstürzten Antworten zu geben, da die die Professorin dann auf diese bezieht und ein wenig abseits der Ursprungsfrage Wissen abprüft. Man sollte lieber ein paar Sekunden länger überlegen bevor man eine, wenn auch nur minimal, unpräzise Antwort gibt. Darauf reagiert die Prüferin nicht sehr wohlwollend. Eine genaue Beherrschung der Terminologie ist unabdingbar, um ein vernünftiges Prüfungsgespräch zu führen.
Die Prüfung ist alles in allem aber gut zu bewältigen. Man muss sich der Ansprüche der Prüferin jedoch bewusst sein.