Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
10 |
Gesamtnote 1. Examen |
10 |
Prüfungsgespräch:
Der Sachverhalt war Gegenstand eines bereits bekannten Urteils. Derselbe Sachverhalt wurde bereits in einer Prüfung in den vergangenen Monaten geprüft. Vorliegend ging es um die A-GmbH, die ein Vertragsverhältnis bezüglich Motorräder mit dem Hersteller B hatte. In dem Händlervertrag zwischen den beiden Seiten ist angeführt, dass das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt werden kann, sofern ein Reputationsschaden oder ein Vertrauensverlust entsteht. Der Geschäftsführer der A GmbH Z hat sich in einem Brief abfällig über türkischstämmige Anwälte geäußert. Diese Aussagen sind durch den gegnerischen Anwalt an die Öffentlichkeit gelangt, so dass diese Aussage sowohl in der FAZ Als auch in den Sozialen Medien sehr an Bekanntheit gewann und demnach auch sehr stark diskutiert wurde. Geschäftsführer Z entschuldigte sich bei B für den entstandenen Schaden und um die gegebenen Umstände. Weiterhin versicherte die A-GmbH daraufhin dem Motorradhersteller B, dass Z als Geschäftsführer entlassen werden würde. B hatte dies seinerseits jedoch nicht vorausgesetzt oder verlangt. Trotz der Zusicherung der A-GmbH wurde Geschäftsführer Z nicht entlassen. Ca. 3 Wochen später kündigt somit B das Vertragsverhältnis mit der A-GmbH. Eine eindeutige Fallfrage gab es zunächst nicht. Der Prüfer wollte zunächst unsere Gedanken zu der Einschätzung des Vertragstypen hören. Dieser wurde als Vertrag sui generis eingeordnet. Dann gingen wir auf darauf ein, dass in dem Vertragsverhältnis zwischen der A-GmbH und B für eine fristlose Kündigung ein Reputationsschaden und Vertrauensverlust vorausgesetzt wurde. Dies wurde als AGB eingestuft. Demnach begann die Prüfung nach den §§305 ff BGB. Hier kam es dem Prüfer auf die Argumentation an, ob man dies als gültige Anforderung der AGB genügen lässt oder nicht. Nach ablehnen der Wirksamkeit der GmbH sind wir auf die Kündigung eingegangen und ob diese rechtmäßig sein könnte. Wir gingen bezüglich der Kündigung auf § 314 BGB ein. Weiterhin wurde ausführlich geprüft, ob vorliegend ein wichtiger Grund im Sinne des § 314 BGB, der eine fristlose Kündigung begründen würde, vorliegt. Dies war ebenfalls argumentativ zu begründen. Dabei sollte jedenfalls das Ultima-ratio Prinzip erwähnt und berücksichtigt werden. Danach stand die Frist der Kündigung im Vordergrund. Er konkretisierte seine Frage bezüglich der angenehmen Frist dahingehend, ob man eine andere Norm aus dem BGB für die Beurteilung heranziehen könnte. Dabei sollte auf § 626 II BGB eingegangen werden. Dann warf er die Frage auf, ob nicht eventuell eine vorherige Abmahnung gegeben sei, aufgrund des Gesprächs zwischen der A-GmbH und B, indem die A-GmbH B versicherte, dass Z nicht weiterhin als Geschäftsführer tätig sein sollte. Abschließend ging der Prüfer auf die Frage ein, ob es seitens der A-GmbH eine Möglichkeit gegeben ist, bis zu Klärung der Rechtsfrage am Vertrag festzuhalten und die Lieferung seitens B weiterhin aufrecht zu erhalten. Dabei wollte der einstweilige Rechtsschutz im ZPO angesprochen. Die Norm nannte uns der Prüfer und ging auf allgemeine Fragen ein, welche Anhaltspunkte das Gericht verwendet, um in der Sache abzuschätzen, ob die Lieferung seitens B an die A-GmbH bestehen bleiben soll oder nicht. Dies war ebenfalls argumentativ auszulegen und es war nicht zwingend nötig, mit dem Gesetz zu arbeiten.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Mai 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.