Prüfungsgespräch:
Wie zuvor uns mitgeteilt, teilte er uns zunächst eine Seite aus. Diese sammelte er am Ende wieder ein. Daher kann ich an dieser Stelle nur ein Gedankenprotokoll wiedergeben: Um die Verbreitung des Corona-Virus zu stoppen, erlässt die Bundestagspräsidentin eine Allgemeinverfügung gem. § 35 II VwVfG. Unter anderem wird eine Maskenpflicht erlassen. Zudem werden zwischen den Sitzen Trennwände aufgestellt. Verstöße gegen diese Regeln können mit Verweisung auf die GOBT mit Ordnungsgelder geahndet werden. Der Abgeordnete A des Deutschen Bundestages ist davon gar nicht begeistert und will sich dagegen wehren. Er sieht sich in seinen Rechten aus Art. 38 I 2 GG, in Art. 46 I GG, seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der allgemeinen Handlungsfreiheit beeinträchtigt. Nun sollte beurteilt werden, auf welchem Weg sich A gegen die Allgemeinverfügung wehren kann. Zunächst wollte der Prüfer wissen, was denn eine Allgemeinverfügung sei, wo sie definiert sei und ob hierzu Beispiele gegeben werden könnten. Mit der Antwort Allgemeinverfügungen, geregelt in § 35 VwVfG seien stets konkret-generell und jeweils in benutzungsregelnd, personen- und sachbezogen unterteilt und der Nennung mehrerer Beispiele (Widmung, Handzeichen durch Polizei, Straßenschild), zeigte er sich zufrieden. Sodann stellte sich der nächste Prüfling die Frage nach der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs und kam hierbei insbesondere auf das Merkmal „nicht verfassungsrechtlicher Art“ zu sprechen. Es wurde die Überlegung angestellt, ob nicht vielmehr der Weg zum BVerfG zu beschreiten sei, da zumindest Art. 38 II GG als Organrecht nur im Wege eines Organstreits, Art. 93 I Nr. 1 GG geltend gemacht werden könne. Die Prüfung wurde dann streng am Gutachtenstil mit Obersatz, Definition und Subsumtion abgearbeitet.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Oktober 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.