Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Mecklenburg-Vorpommern vom Februar 2024

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

7,49

Endnote

8,18

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Deliktsrecht (!!!), Schuldrecht AT (insb. Schadensrecht), Kaufrecht

Paragraphen: §823 BGB, §828 BGB, §437 BGB, §7 StVG, §18 StVG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann die Prüfung mit der Schilderung eines Falles, den er laut vorheriger Protokolle wohl schon öfter gestellt hat (BGH: Urt. v. 17.06.2014, Az. VI ZR 281/13). Überhaupt gibt es keinen protokollfesteren Prüfer. Autofahrer A (Halter des Autos war die Mutter des Autofahrers) bog mit dem Auto im Kreuzungsbereich rechts ab und schaute beim Abbiegevorgang nur nach rechts. Dann wurde die Sachverhaltsdarstellung etwas unsauber (keine Info zu Vorfahrtsstraßen etc.). Jedenfalls kam es zu einem Unfall mit einer Fahrradfahrerin (F), die verkehrswidrig den Fahrradweg in entgegengesetzter Richtung benutzte und zudem keinen Helm trug. F erlitt verschiedene Verletzungen (Schürfwunden, Kopfschmerzen etc.) und musste auch im Krankenhaus behandelt werden. Darüber hinaus war ihr nahezu brandneues Fahrrad (Kaufpreis vor zwei Monaten ca. 1000€) Schrott, also nicht reparierbar. Beim Auto entstand ebenfalls ein Schaden i.H.v. 4000€. Im Übrigen gab es als zusätzlichen Beteiligten noch die Kfz-Versicherung (V). Der Prüfer fragte wer denn beginnen wolle und da ich ihn anschaute „durfte“ ich auch gleich beginnen. Im Dusel der Prüfung bin ich nicht zuerst auf die §§ 7 (Halter), 18 (Fahrzeugführer) StVG eingegangen, sondern gleich mit § 823 I BGB (Körperverletzung) eingestiegen. Da der Halter nach § 7 I StVG verschuldensunabhängig haftet, hätte diese Norm wohl zuerst geprüft werden müssen (hat der Prüfer aber nicht gestört). Im Folgenden sollte jedenfalls § 823 I BGB umfassend geprüft werden. Beim Prüfungspunkt Rechtsgutsverletzung habe ich mit der Körperverletzung (Beeinträchtigung der äußeren Körper. Integrität) begonnen und diese von der Gesundheitsschädigung (Störung der inneren Lebensvorgänge) abgegrenzt. Der Prüfer hat einen anderen Mitprüfling gefragt, ob er die Abgrenzung auch so vornehmen würde. Danach ging es um die Frage der Verletzungshandlung. Ich nahm zunächst ein aktives Tun an (anfahren), dann meinte der Prüfer F sei in A hineingefahren. Dann sollte ich „Tun“ definieren und er fing mit Conditio-sine-qua-non an. Etwas verwirrt meinte ich, das gehört für mich zur Kausalitätsprüfung. Jedenfalls habe ich dann ein pflichtwidriges Unterlassen einer Verkehrssicherungspflicht (Beobachtungspflicht/ Nichtbeachtung des Vorfahrtsrechts des Radfahrers, vgl. § 8 I 1 StVO) angenommen (str.). Ich nahm an, dass der diesen Pflichten fahrlässig nicht nachgekommen war, also auch schuldhaft handelte. Beim Haftungsausfüllenden Tatbestand ging es dann im Schwerpunkt um die Frage, ob der fehlende Helm und das verkehrswidrige Verhalten der F den Anspruch gem. § 254 BGB (Mitverschulden) mindern würde und wenn ja, in welcher Höhe. Danach wurden noch die übrigen Rechtsgutsverletzungen (Eigentum, Gesundheit) verkürzt geprüft und auf § 253 II BGB eingegangen (insb. die Funktionen des Schmerzensgeldes sollten benannte werden: Ausgleichs-, Genugtuung- und Präventivfunktion). Beim Fahrrad fragte er wie man die Höhe des Ersatzanspruches ermittelt (schließlich war es auch schon zwei Monate alt => Wiederbeschaffungsaufwand abzüglich eines Vorteilsausgleiches „Neu für Alt Abzug“). Schließlich wurde das Verhältnis dieser Parteien zueinander bestimmt (Fahrer haftet neben Halter und Versicherer als Gesamtschuldner i.S.d. § 421 BGB) und sodann die Gegenansprüche von A, M und V angeprüft. Im Zusammenhang mit den Normen des StVG fragte er auch mal Allgemeines ab, z.B. in welchen Bereichen es sonst noch eine Gefährdungshaftung gibt (Tiere (§ 833 BGB), Produkthaftung, Atom, Luftverkehr). Danach folgte die Schilderung eines weiteren protokollbekannten Falles. Hier ging es darum, dass er mit seiner Familie (2 Kinder) eine andere Familie (2 Kinder) im Urlaub kennen gelernt hatte. Beim Ballspielen im Pool kam es nun dazu, dass das fremde Kind (8 Jahre alt) ihm den Ball abnehmen wollte und dabei ins Gesicht stach. Folgen: blutiges Auge, er konnte auf dem Auge nicht mehr sehen, kein Buch lesen, musste ins Krankenhaus, der Urlaub wurde abgebrochen und die Freundschaft mit der Familie war auch dahin. Frage: was würden wir ihm raten? Schwerpunkt waren dann auch hier die §§ 823 ff. BGB. Schwerpunkt war das Verschulden bzw. die Verschuldensfähigkeit des 8-jährigen Kindes (§ 828 BGB) als Anspruchsgegner. Im Anschluss wurde noch § 832 BGB angesprochen und z.T. geprüft. Weiterhin wurde auch § 829 BGB angesprochen und gefragt um was für eine Haftung es sich hierbei handelt (Billigkeitshaftung => Ausnahme von Verschuldensgrundsätzen). Ein Anspruch aus § 823 II BGB i.V.m. § 229 StGB scheiterte schon an Schuldunfähigkeit des Kindes (§ 19 StGB). Wir waren fünf Prüflinge und hatten deshalb viel Prüfungszeit, sodass noch Zeit für einen dritten (ebenfalls bekannten) Fall blieb. Jemand geht sich Winterstiefel für 100€ bei Deichmann kaufen. nach drei Wochen reißen die Schnürsenkel. Hier ging es noch einmal schnell um das Abarbeiten der kaufrechtlichen Sekundäransprüche. Gegen Ende wurde gefragt, was konkret der Anwalt denn nun tun würde, denn ein Monieren des Mangels durch den Kunden im Markt brachte keinen Erfolg (Aufforderungsschreiben an den Schuldner verfassen mit dem Zweck diesen gem. § 286 I BGB in Verzug zu setzen) und welches Gericht hier zuständig wäre. Die Prüfung ging gefühlt schnell vorüber 🙂

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Mecklenburg-Vorpommern vom Februar 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.