Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im Juni 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
P ist Polizist auf Nachtstreife. Er sieht einen PKW der Schlangenlinien Fährt. Er fährt vor diesen und fordert den Fahrer auf auszusteigen, während er diesem seinen Dienstausweis zeigt. B (der Fahrer) steigt aus, wobei er schwankt und erheblich lallt. P fordert B auf ihm Fahrzeugpapiere und einen Ausweis zu zeigen. B reagiert nicht. P sagt B, dass er die Anordnung einer Blutentnahme erlassen werde. B pöbelt P an und sagt er lasse sich das Autofahren nicht verbieten und steigt wieder in sein Auto. P gelingt es den Autoschlüssel zu ziehen. Worauf B sagt: „Schlüssel her sonst mach ich dich platt“. P zieht seine Dienstwaffe, da B ihm körperlich deutlich überlegen ist und fordert diesen auf aufzuhören. B reagiert nicht auf die Aufforderung des P. Weil P sich nicht anders zu helfen weiß schlägt er B mit dem Griff der Pistole auf den Kopf. hierbei löst sich der Sicherungshebel, was von P allerdings nicht bemerkt wird. P beugt sich zu dem bewusstlosen B herunter wobei sich ein Schuss löst der B in die Brust trifft. P erkennt, dass B an der Wunde verbluten könnte. aus Angst vor Disziplinarmaßnahmen fährt er aber einfach davon. Ein Passant findet B und bringt ihn ins Krankenhaus. B verblutet im Krankenhaus. Wäre er 15 Minuten früher eingeliefert worden hätte er gerettet werden können.
Nach Abschluss des Sachverhalts erfolgten die Fragen eher unsystematisch. Zunächst fragte er der Reihe nach welche Normen verletzt sein könnten. Die Antworten waren Körperverletzung mit Todesfolge gemäß §§ 223, 227 . körperliche Untersuchung nach § 81a StPO, Aussetzung gemäß § 221 StGB, fahrlässige Tötung gemäß § 222 StGB, Mord/Totschlag durch Unterlassen gemäß §§ 211, 212 StGB. Die Körperverletzung mit Todesfolge wurde zuerst geprüft. Der objektive und subjektive Tatbestand wurde unproblematisch bejaht. Da das Grunddelikt aber bereits Aufgrund einer Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt war entfiel die Strafbarkeit des P. Auf die Aussetzung war aufgrund der höheren Strafandrohung nicht näher einzugehen. Weiter wurde geprüft, ob P sich der fahrlässigen Tötung strafbar gemacht habe, da ihm nicht auffiel, dass sich der Sicherungshebel gelöst hatte. Die Prüflinge arbeiteten heraus, dass es einen objektiven wie subjektiven verstoß gegen die Sorgfaltspflicht darstellt, nicht zu prüfen ob die Waffe noch gesichert ist, nachdem man sie zum Zuschlagen verwendet hat. P hat somit den Tatbestand der fahrlässigen Tötung erfüllt. weiter war zu prüfen ob dies durch Totschlag/Mord verdrängt wird. Eine Differenzierung nach Mord oder Totschlag und die Einordnung als Qualifikation oder eigenständiges Delikt war vom Prüfer nicht gewünscht. Mangels Tötungsvorsatz kann hier nicht auf den Schuss abgestellt werden. P könnte sich aber aufgrund durch Unterlassen Strafbar gemacht haben. ein Unterlassen steht einem Tun nur gleich wenn eine Handlungspflicht besteht. Die festgestellte Fahrlässige Tötung beinhaltet als notweniges Durchgangsdelikt eine fahrlässige Körperverletzung. Diese begründet eine Handlungspflicht aus Ingerenz. weiter war die quasi Kausalität zu Prüfen. zunächst war zu erklären was quasi Kausalität bedeutet: das keine Handlung hinzugedacht werden kann ohne dass der Erfolg entfiele. Da B überlebt hätte, wenn er früher ins Krankenhaus gekommen wäre war auch die Voraussetzung erfüllt. Schließlich wurde noch gefragt ob die Anordnung einer Blutentnahme rechtmäßig gewesen wäre. Dies richtet sich nach § 81a StPO. grds muss sie von einem Richter angeordnet werden. kann aber auch von Ermittlungspersonen angewendet werden, wenn kein Richter erreichbar ist. wovon in der Nacht auszugehen ist.
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