Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Mai 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
In der Prüfung kam dann eine doch ziemlich unerwartete Prüfung eines Organstreits vor dem VGH NRW. Ich empfehle euch also auf jeden Fall nicht bloß Verwaltungs-Prozessrecht zu lernen!
Der Fall wurde vom Prüfer langsam vorgetragen, so dass man auch gut mitschreiben konnte. Es ging um einen Landtagsabgeordneten A, der Mitglied der P-Partei und –Fraktion im Landtag war und in einer Rede die Mitglieder der im Landtag vertretenen X-Partei als „überwiegend Lügner“ bezeichnete und dann vom Landtagspräsidenten gerügt wurde. Die Fallfrage war wie auch sonst, dass A zu uns in die Kanzlei kommt und nach Rat fragt.
Wir prüften zunächst, ob der Verwaltungsrechtsweg eröffnet war. Hängen geblieben sind wir dann bei der streitentscheidenden Norm (Rederecht aus Art. 30 VerfNRW). Dann lehnten wir jedoch den Verwaltungsrechtsweg ab, da es an der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit fehlte.
Weiter ging es dann mit einem Organstreit vor dem VGH NRW nach Art. 75 Nr. 2 VerfNRW, § 12 Nr. 5 VGHG. Gefragt wurde zwischendurch, wo der VGH seinen Sitz hat (Münster). Hier wurde in der Prüfung nicht erwartet, dass wir alles auswendig wussten, sondern der Prüfer stellte immer wieder auf die Parallelen zum Organstreit vor dem BVerfG ab. Wir gingen die Prüfung durch. Klärten erst den Streitgegenstand, dann die Beteiligtenfähigkeit. Hier gingen wir auf den Streit des Beziehung „Andere Beteiligte“ aus der Verfassung zu den Organteilen aus § 12 Nr. 5 VGHG ein, der genau wie beim Bundesorganstreit zu lösen war.
In der Klagebefugnis gingen wir auf die mögliche Rechtsverletzung ein. Zum einen möglicherweise das Rederecht aus Art. 30 VerfNRW und zum anderen die Meinungsfreiheit. Diese verneinten wir jedoch aufgrund der Stellung des Abgeordneten.
Zur Begründetheits-Prüfung: Wir prüften die EGL für die Rüge. Dazu teilte uns der Prüfer die Geschäftsordnung des Landtags aus.
§ 36 (2): Wenn ein Mitglied des Landtags die parlamentarische Ordnung oder die Würde des Parlaments verletzt, wird es ermahnt, wieder zur parlamentarischen Ordnung zurückzufinden oder seine Ausführungen zu berichtigen.
Hier sollten wir dann die materielle Verfassungsmäßigkeit der Norm prüfen. Ich bekomme die Prüfung leider nicht mehr zusammen. Wir gingen am Ende darauf ein, dass ein Beurteilungsspielraum für den Landtagspräsidenten gegeben sein könnte. Darauf fragte der Prüfer uns, was Prüfungsmaßstab des Gerichts bei Beurteilungsspielräumen sein kann. Abschließend sollte dann jeder Stellung beziehen, ob das Rederecht des A verletzt wurde und dies auch kurz begründen.
Es hat wohl keiner damit gerechnet, dass Verfassungsrecht geprüft wird. Der Prüfer schien aber damit gerechnet zu haben, dass wir auf die Protokolle vertraut haben. Entsprechend gingen wir auch langsam vor und bekamen immer wieder mal Hinweise, sodass die Prüfung trotzdem gut zu bewältigen war. Mit dem Prüfer hat man meiner Meinung nach ein gutes Los gezogen.