Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Bayern im Juli 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Juli 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 9,5 9,3 4,0 6,5 7,9
Zivilrecht 15 15 7 11 9
Strafrecht 14 14 6 11 9
Öffentliches Recht 15 13 6 13 10
Endpunkte 14,6 14,0 6,3 11,6 9,3
Endnote 10,79 10,6 5,39 8,72 8,14

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: aktueller Fall des BGH (BGH NJW 2018, 245) zur Abgrezung Raub/räuberische Erpressung+ Computerbetrug, Zuständigkeit des Gerichts

Paragraphen: §249 StGB, §255 StGB, §263a StGB, §223 StGB, §24 GVG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall ,Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Zunächst las uns die Prüferin einen kurzen Fall vor, den wir mitschreiben sollten. Es handelte sich um einen aktuellen Fall des BGH (BGH NJW 2018, 245), besprochen beispielsweise von Jäger, JA 2018, 309. Dann kam der StPO Teil, dieser orientierte sich an der Uni Klausur Nr. 3123.
Fall:
A ist in Geldnot. Obwohl er weiß, dass sein Konto leer ist, begibt er sich in die Filiale einer Bank, um Geld abzuheben. Er sieht das Opfer O, welches gerade am Bankautomaten Geld abheben will. Nachdem O seine Bankkarte in den Automaten eingeschoben und seine Geheimnummer eingegeben hat, stößt ihn der A von dem Automaten weg. Er wählt einen Auszahlungsbetrag von 1000 Euro und entnimmt das vom Geldautomaten ausgegebene Bargeld. Dann verlässt er die Bank. O hat nach dem Schlag Schmerzen.
Strafbarkeit des A?§ 249 I StGB? (-)
Nötigungsmittel: Gewalt
-> vis absoluta <-> vis compulsiva
fremde (P) bewegliche Sache-> Übereignung nach § 929 S. 1 BGB?
-> Konkludentes Angebot der Bank?
-> Nein, nicht im Interesse der Bank, will nur an den berechtigten Karteninhaber übereignen, fremd (+)
Wegnahme?
-> Gewahrsam: Definition (Sachherrschaft; Willes getragen; Verkehrsanschauung)
-> Bruch? Gegen oder ohne den Willen?
-> tatbestandausschließendes Einverständnis? Bedingtes Einverständnis: ordnungsgemäße technische Bedienung, hier +, Willensmängel hinsichtlich des berechtigten Karteninhaber unbeachtlich, da Einverständnis rein tatsächlich und nicht rechtlich, rechtliche Wertung nur auf Ebene der Fremdheit zu beachten.
-> Bruch (-)
§§ 253 I, 255 I StGB (+/-)
(P) Vermögensverfügung? Genügt als Nötigungserfolg das Dulden der Wegnahme?
Klassikerstreit: Abgrenzung: Raub/räuberische Erpressung
Rechtsprechung: keine VVF notwendig-> Abgrenzung nach äußerem Erscheinungsbild, Argumente: Wortlaut, §§ 252,255 Grunddelikt, vis absoluta sonst straflos
L. VVF notwendig, Argumente: Exklusivitätsverhältnis, Raub Fremdräuber. Erpressung Selbstschädigungsdelikt, Nähe zu § 263 StGB
-> je nachdem §§ 253,255 +/C. §§ 223 I, 224 I Nr. 3 StGB (+)
Zusatzfrage: Unterschied § 224 und § 226 (§ 224 Qualifikation, § 226, Erfolgsqualifikation)
Zusatzfrage: Unterschied ob nur § 223 oder auch § 224 (§ 223 relatives Antragsdelikt)
Zusatzfrage: Unterschied relatives und absolutes Antragsdelikt
Zusatzfrage: Beispiele für absolute Antragsdelikte (§ 123; § 185; § 247)
§ 240 I StGB (+)
offener Tatbestand
Zusatzfrage: Entwicklung des Gewaltbegriffs (2. Reihe Rechtsprechung)
§ 263 a I StGB
(P): unbefugt (h.M: betrugsnah, computerspezifisch, subjektiv)
Tathandlung: entweder unbefugte Verwendung (Var.3) oder sonstige Handlung (Var. 4)
(+)
§ 246 I StGB (+)
– enge und weite Manifestationstheorie
Ergebnis
Strafbarkeit nach § 263 I Var. 4 und § 246 StGB
Vor welchem Gericht wird die Anklage erhoben werden? Die Straferwartung ist eine hohe Geldstrafe.
1 StPO, §§ 24, 74,120 StPO
Amtsgericht: bis 4 Jahre (§ 24 II GVG)
Spruchkörper: Strafrichter (§ 25 GVG) + Schöffengericht (§ 28 GVG)
Strafrichter: bei Vergehen, Straferwartung nicht höher als 2 Jahre
hier: Vergehen +, Straferwartung unter zwei Jahren
Strafrichter +
Abwandlung:
Was wäre wenn er wegen einer räuberischen Erpressung angeklagt wäre?
-Verbrechen (vgl. § 12 I StGB) -> Schöffengericht (§ 28 GVG)