Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Hessen im Juni 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Juni 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 46,5 47
Zivilrecht 14 8 12 7 9
Strafrecht 13 8 9 7 5
Öffentliches Recht 12 7 12 6 7
Endpunkte 85,5 70
Endnote 9,5 7,77

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Rechtsgeschichte (Entstehungsgeschichte des BGB), Erbrecht

Paragraphen: §1922 BGB, §1937 BGB, §2100 BGB, §2113 BGB, §2136 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann die Prüfung damit, dass er uns einen Zettel ausgeteilt hat, auf dem sechs Normen abgebildet waren. Neben den Normen stand „E 1“. Die erste Frage war nun, woher diese Normen stammen würden. Die Antwort war, dass es sich um den ersten Entwurf des BGB vom Jahre 1888 handelte. Es 6 abgedruckten Normen entstammten dabei offensichtlich alle dem Erbrecht. Sodann wollte er wissen welche Kritikpunkte es an dem ersten Entwurf gab. Es sollten die Worte zu unsozial, zu abstrakt, zu undeutsch fallen. Außerdem wollte er in Bezug auf die Arbeitsweise der Kommission hören, dass die Intransparenz kritisiert wurde.
Anschließend hat er jeden Prüfling nacheinander gebeten, sich eine Norm auszusuchen und das heutige Gegenstück zu der jeweiligen Norm zu benennen. Der Prüfer stellte dabei auch meist noch eine kurze Rückfrage zu dem Bereich aus dem die Norm entstammte. Fünf der sechs Normen sind heute noch im BGB vorhanden sind, eine davon jedoch nicht mehr existiert. Dies musste der letzte verbleibende Prüfling feststellen In dieser Norm wurde für den Vorerben auf die Normen des Nießbrauchs verwiesen. Als es um diese Norm ging hat der Prüfer neben einigen Folgefragen über die Nacherbschaft auch Fragen zum Verhältnis zum Nießbrauch gestellt. Er wollte insbesondere hören, dass man das Verhältnis Vorerbe – Nacherbe mit einem Treuhandverhältnis vergleichen könnte.
Danach hat er einen Fall ausgeteilt. Es ging um Peter Panther, der auf einer Reise ins Gebirge schwer erkrankt und auf einer Postkarte seine Ehefrau als Alleinerben einsetzt, mit „Dein Panthertier“ unterschreibt und unter der Unterschrift noch seinem Bruder etwas vermacht. Ein Prüfling begann damit die Voraussetzungen eines wirksamen Testaments. Es musste unter anderem festgestellt werden, dass ein Testament vorliegt, obwohl nicht ausdrücklich von „Erbe“ gesprochen wird, es ging um § 2247 BGB (die Problempunkte waren die Postkarte, die Unterschrift als Panthertier, die fehlende Ortsangabe), das Vermächtnis unter der Unterschrift als post scriptum und das Verhältnis zwischen Testament und Vermächtnis. Die § 2084 und § 2085 wurden ebenfalls besprochen.
Es blieb Zeit für einen weiteren Fall. Die Erblasserin hat in ihrem Testament ihren Lebensgefährten zum „Alleinerben“ eingesetzt, der das Vermögen aber für den Sohn verwalten sollte. Es musste festgestellt werden ob es sich hierbei um eine Nacherbschaft handelte. Der Lebensgefährte hatte ein Grundstück, das sich ursprünglich im Eigentum der Erblasserin befunden hatte, veräußert. Die Frage war, wie der Nacherbe das Grundstück herausverlangen kann. Dies sollte über den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB erreicht werden, innerhalb der Prüfung ging es um die Frage wer Eigentümer ist, insbesondere ob die Veräußerung wirksam war. Im Rahmen der Verfügungsbeschränkung war 2113 BGB anzusprechen, dessen Absatz 1 dispositiv ist, nicht aber der Absatz 2. Nachdem ermittelt wurde, dass die Verfügung unwirksam ist, sollte ein gutgläubiger Erwerb angesprochen werden, auf den § 2113 Absatz 2 BGB verweist. Dies scheitert jedoch an dem fehlenden Rechtsschein, weil die Verfügungsbeschränkungen in Bezug auf die Nacherbschaft im Grundbuch eingetragen werden. Damit endete die Prüfung.
Die Prüfung verlief insgesamt sehr fair und die Fragen waren meist gut verständlich. Zu bemerken ist, dass der Prüfer sich nicht an den Vornoten orientiert und ein Prüfling so auch heruntergeprüft wurde, obwohl der Sprung aufs Prädikat noch möglich gewesen wäre. Insgesamt war die Notengebung aber angemessen und die vergleichsweise ausgefallenen Themen aufgrund der deutlichen Hinweise vom Prüfer in der Vorbesprechung mit entsprechender Vorbereitung gut machbar.