Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Niedersachsen im April 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im April 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 42,5
Aktenvortrag 1
Zivilrecht 14
Strafrecht 15
Öffentliches Recht 14
Endpunkte 9,5
Endnote 9,5

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest, , aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Verbraucherrecht, Verbraucherrecht ohne Verbraucher, Begriffe Unternehmer/ Verbraucher, Schadensersatz nach §§ 280, 437, 377 HGB, AGB Kontrolle, VW- Abgasskandal

Paragraphen: §305 BGB, §377 HGB, §434 BGB, §280 BGB

Prüfungsgespräch: hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung begann mit der Frage, was ein Verbraucher ist und anschließend wurde die nächste Kandidatin gefragt, worum es sich bei einem Unternehmer handelt. Es wurde des Weiteren gefragt, was man sich unter einem Verbraucherrecht ohne Verbraucher vorstellen könne. Ich empfehle somit den Aufsatz mit dem Titel „Verbraucherrecht ohne Verbraucher“ zu lesen.
Des Weiteren ist es möglicherweise hilfreich, über das Standardwissen zum Verbraucherrecht aktuelle Informationen parat zu haben, an geeigneter Stelle könnte diese ggf. eingebracht werden.
Anschließend teile der Prüfer uns einen Fall aus und laß diesen auch vor.
Es handelte sich um einen aktuellen Fall (BGH Urt. v. 06.12.2017 – VIII ZR 246/16, BeckRS 2017, 136793 oder in der RÜ 3/18 S. 140 ff.). Es lohnt sich somit auf jeden Fall aktuelle, zivilrechtliche Urteile durchzuarbeiten. Glücklicherweise war mir der Fall bekannt, und auch wenn ich mich nicht mehr an jedes Detail erinnern konnte, so gab mir dies jedoch eine gewisse Sicherheit und ich wusste sofort, was der „Knackpunkt“ des Falles war.
Es handelte sich um zwei Handelsgesellschaften. Die eine Gesellschaft betreibt ein Futtermittelwerk, in dem Futter mit Fetten hergestellt wird. Die andere Gesellschaft belieferte diese mit Fetten. Die gelieferten Fette gaben keinen Grund zur Beanstandung.
Der Vertrag zwischen den Handelsgesellschaften enthielt AGB, in welchen sinngemäß folgendes stand:
Der Käufer muss bei Mängeln, die bei einer Prüfung nicht festzustellen sind, binnen von ein paar Tagen einem neutralen Sachverständigen zum Zwecke der Untersuchung übermitteln.
(Es waren noch weitere AGB abgedruckt, diese waren jedoch ohne Bedeutung.)
Der Käufer lies aufgrund eines Verdachtes Proben untersuchen, hierbei wurden zu hohe Dioxinwerte festgestellt. Der Käufer informierte die zuständige Lebensmittelbehörde und auch den Verkäufer. Die Behörde gab dem Käufer auf, die Verarbeitung der Fette einzustellen. Den Verkäufer trifft kein Verschulden.

Frage:
Hat der Käufer gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Ersatz der Schäden aufgrund der behördlichen Verfügung?
Einer von uns musste den Fall zunächst zusammenfassen, anschließend wurde mit der Lösung begonnen.
Wir fingen mit der Prüfung des Anspruchs des Käufers (K) gegen den Verkäufer (V) aus §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3, 434 BGB.
Schuldverhältnis (+)
In Form des Kaufvertrages.
Sachmangel bei Gefahrübergang (+)
Verschulden
Grundsätzlich trifft den V laut Sachverhaltsangaben kein Verschulden, allerdings gibt es ein Lebensmittelgesetz (dieses las der Prüfer vor, wir mussten es also nicht kennen), wonach eine verschuldensunabhängige Haftung für den Verkäufer besteht).
377 HGB
Anschließend prüften wir den § 377 HGB.
Somit musste geprüft werden, ob die Fette als genehmigt gelten. Hierfür mussten die AGBs geprüft werden.
Problematisch war, dass die Klausel dem Käufer auch ohne Verdachtsmomente eine Untersuchungs und Mitteilungspflicht als Erfordernis einer späteren Mängelrüge auferlegt.
Im Ergebnis ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 unwirksam, da sie vom wesentlichen Grundgedanken des § 377 HGB abweicht.
Als wir mit dem Fall zu Ende waren sprach der Prüfer den VW-Abgasskandal an. Wir kamen auf die Prozessstandschaft zu sprechen und auf die Musterfeststellungsklage.
Anschließend war die Prüfung beendet.
Ich würde mir an eurer Stelle aktuelle Urteile anschauen, den VW-Abgasskandal (hier kann es auch nicht schaden, den aktuellen „Trend“ der Gerichte zu kennen). Insgesamt ist der Prüfer ein sehr fairer und wohlwollender Prüfer. Zeigt Interesse an der Materie und bringt ruhig an passender Stelle Wissen „über den Tellerrand“ in die Prüfung ein, dies kann sicherlich nicht schaden und kam in unserer Prüfung gut an.
Der Prüfer gab Fragen bei uns nicht einfach weiter sondern ließ uns versuchen, die richtige Antwort zu geben. Der Prüfer gibt ein positives Feedback bei richtigen Antworten, dies gibt viel Sicherheit.
Ich wünsche euch ganz viel Glück und gute Nerven für eure Prüfung, bald habt ihr es hinter euch!