Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im Juni 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Zu Beginn unserer Prüfung wurden ein paar Begrifflichkeiten geklärt.
Dabei ging der Prüfer der Reihe nach vor, wobei jeder Prüfling zweimal dran kam.
Folgende Begriffe wurden u.a. besprochen:
- Vergehen/Verbrechen
- Beihilfe
- Anstiftung
- mittelbare Täterschaft
- Strafanzeige/Strafantrag
- echtes/unechtes Unterlassensdelikt
- der Versuch und sein Strafgrund
- Qualifikation/Regelbeispiel
Wenn er hier mit der Antwort noch nicht ganz zufrieden war, fragte er nach. An manchen Stellen freute er sich auch über die Nennung verschiedener Paragraphen und über die Nennung von Fallbeispielen. Außerdem legte er bspw. bei der Beihilfe und der Anstiftung Wert auf saubere Definitionen.
Im Anschluss schilderte er folgenden Fall:
Ein Ehepaar befand sich in ihrer Wohnung. Dabei dokumentierte der Ehemann mit seinem Handy einen Streit, um ihn gegebenenfalls seiner Frau vorzuhalten. Die Frau ermahnte ihn, er solle damit aufhören. Der Ehemann filmte weiter, woraufhin die Frau nach dem Handy griff, dieses zu Boden viel und sie den Zeigefinger des Ehemannes zeitgleich derart nach hinten bog, dass er versteifte. Der Ehemann war sichtlich wütend über das Handeln der Frau. Deshalb stellte er eine Strafanzeige. Wie könnte sich die Frau strafbar gemacht haben?
Zunächst sollten wir alle in Betracht kommenden Delikte aufzählen. Dabei nannten wir §§ 223, 226; § 229; § 303; § 240.
Wir begangen sodann mit der Prüfung des §§ 223, 226. Dabei prüften wir schulmäßig (Obersatz, Definition, Subsumtion, Ergebnis). Besonders kam es ihm auch auf die Strafbarkeitsformulierung zu Beginn an. I.R.d. § 226 prüften wir dann, ob der Ehemann ein wichtiges Glied dauerhaft nicht mehr gebrauchen konnte. Dabei gingen wir insbesondere auf den Streit zur Wichtigkeit des Glieds ein (Subjektiv für das Opfer wichtig oder objektiv für den Gesamtorganismus) Im Ergebnis nahmen wir das Merkmal an. Im Rahmen der Rechtswidrigkeit kamen wir dann noch auf § 32 und prüften die Gebotenheit der Verteidigungshandlung der Frau (Schutz der Ehe, Bagatellangriff).
Dann war unsere Prüfung auch schon beendet.