Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Januar 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Allgemein herrscht eine angenehme Atmosphäre. Man muss nicht das Gefühl haben, im Prüfungsverlauf „abgehängt“ zu werden. Meist werden auch falsche Antworten nicht einfach so stehengelassen, sondern durch Nachfragen wird versucht, einen auf die richtige Fährte zu bringen.
Wie gesagt: Ruhig bleiben und am Gesetz arbeiten!
Der Prüfer schilderte einen kurzen Fall. Leider kann die „Lösung“ hier nicht vollständig wiedergegeben werden, da die Prüfung während der Falllösung etwas chaotisch verlief und der Prüfer oft auch Fragen stellt, die mit dem Fall an sich nichts zu tun haben. Zudem bleiben zum Teil auch einfach Fragen offen.
Zum Fall: E ist Eigentümer eines Grundstücks und will sein darauf befindliches Haus vergrößern lassen. Er heuert den Architekten A an; dieser plant allerdings fehlerhaft eine Vertiefung auf dem Grundstück, so dass am Haus des Nachbarn N Risse entstehen (20.000 € Schadensersatz begehrt).
Ansprüche des N?
Lösung bzw. Ansätze: Zunächst sollte auf die Ansprüche des N gegen E eingegangen werden. Schnell wurde das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis und die dazu vertretenen Theorien angesprochen. Auch wollte der Prüfer wissen, wo im Gesetz das nachbarschaftliche Verhältnis vorkommt. Durch die eher spezielle Prüfung kam keine wirkliche Dynamik auf. Viel wurde über Nachbarrecht (§§ 280 f., 1004 BGB) gesprochen und ob das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis ein Schuldverhältnis darstellen kann („Nachbarn kann man sich nicht aussuchen, Vertragspartner schon.“). Der Prüfer kam auch auf § 241 II BGB zu sprechen und wollte etwas zur Differenzierung von Nebenpflichten und Sorgfaltspflichten hören. So richtig wusste kein Prüfling die Frage zu beantworten.
§ 823 I, II, 831 BGB wurden angesprochen. § 831 BGB (als eigene Anspruchsgrundlage) sollte zu § 278 BGB abgegrenzt werden. Letztlich scheiterten die Ansprüche am mangelnden Verschulden des E. Angesprochen wurde § 1004 BGB.
Interessant war ein Abschnitt der Prüfung, in dem der Prüfer lange über die §§ 906 ff. BGB reden wollte (u.a. „Vertiefung“, „Überbau“). Eher sonderbare Problematiken, hier konnte man wohl mit Detailwissen punkten und hatte andernfalls nichts zu verlieren. Der Prüfer nahm uns Prüflinge jedoch „an die Hand“ und man merkte, dass er auf § 906 II 2 BGB analog hinauswollte, der sodann geprüft werden sollte und offensichtlich durchging.
Tipp hinsichtlich dieser außergewöhnlichen Normen: Vor der „Mündlichen“ einfach einmal alle knapp 2400 (?) Paragraphen des BGB quer lesen. Vielleicht weiß man dann eine Frage zu beantworten, die andere nicht beantworten können.
Hinsichtlich der Ansprüche gegen A wurde der neu eingeführte Architekturvertrag angesprochen, außerdem anhand des Werksrechts ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des N angesprochen.
Und schon war die Zeit um.
Diesen Prüfer kann man durchaus als „Glücksgriff“ beschreiben. Ich hatte in keiner Situation der Prüfung „Angst“, es könnte gewaltig etwas schiefgehen. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen:
Ruhig bleiben, nicht verunsichern lassen.
Auch wenn die angeschnittenen Probleme nicht alle absoluter Standard waren, war die Prüfung sehr gut machbar.
Bei uns haben sich wie gesagt alle etwas verbessert, ich selbst war mündlich 2,33 Punkte besser als schriftlich – also: Keine Sorge!
Ich wünsche viel Glück für die mündliche Prüfung!
Hinweis für sog. „Wackelkandidaten“: Ich hatte die schriftliche Prüfung denkbar knapp nur bestanden und dann natürlich doch Angst vor der theoretischen Möglichkeit, noch durch zufallen. Die Sektkorken knallten dann erst nach der Mündlichen. Ich möchte euch keineswegs dazu animieren, diese auf die leichte Schulter zu nehmen, aber auch ihr habt es quasi schon geschafft! Die Prüfer sind wirklich wohlwollend und wer schriftlich 4 Punkte auf die Kette kriegt, schafft das mündlich wirklich auch. In die Pfanne soll keiner gehauen werden.
Und nochmal: Viel Erfolg!