Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Januar 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer teilte uns zu Beginn einen Fall aus, den er anschließend vorlas. Es ging um eine aus Anatolien stammende Familie, die jedoch seit bereits 15 Jahren in Deutschland lebte. Die Tochter der Familie führte eine Beziehung zu einem Deutschen, was der Familie missfiel. Der Vater ermahnte die Tochter mehrere Male, die Beziehung zu beenden. Dieser Aufforderung kam die Tochter jedoch nicht nach, weshalb der Vater seinen Sohn (also den Bruder der Schwester) aufforderte, die Schwester zu töten. Dieser erstach seine Schwester schließlich von hinten mit einem Messer. Die erste Frage lautete nun, ob die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den Sohn erlassen kann.
Der Prüfer fragte nun im ersten Schritt, wo die Untersuchungshaft geregelt sei und wir kamen auf die §§ 112 ff. StPO. Danach sollten die Voraussetzungen der Untersuchungshaft und die verschiedenen Haftgründe erläutert werden. Er fragte auch nach den Verdachtsgraden der StPO und wollte die einzelnen Definitionen und Abstufungen hören. Danach fiel das Stichwort, dass Zwangsmaßnahmen wie die U-Haft nur bei dringendem Tatverdacht angeordnet werden können. Im Rahmen dessen stiegen wir in die materiell-rechtliche Prüfung ein. Wir begannen mit den §§ 211, 212 und der Prüfer wollte das Verhältnis zwischen Mord und Totschlag und die einzelnen Argumente der Rechtsprechung und Lehre hören. Danach ging es um die Mordmerkmale. Zunächst wurde die Heimtücke angesprochen und der Prüfer fragte sehr ausführlich nach der restriktiven Auslegung und den einzelnen Theorien und welche Vor- und Nachteile die jeweiligen mit sich bringen.
Anschließend wurde das Merkmal der niedrigen Beweggründe erläutert und definiert. Die §§ 211, 212 wurden schließlich bejaht und als Haftgrund nach § 112 III StPO eingestuft.
Danach ging es um die Strafbarkeit des Vaters. Zu Beginn wurde zwischen Täterschaft und Teilnahme abgegrenzt. Der Prüfer fragte nach einer möglichen mittelbaren Täterschaft und mangels Deliktsminus auch nach der Lehre des Täters hinter dem Täter. Bejaht wurde die Anstiftung, weshalb zuletzt noch die Frage gestellt wurde, ob auch für den Anstifter ein Haftgrund nach § 112 III StPO vorliegt, da er ja gleich einem Täter bestraft wird. Dabei wurde mit entsprechender Argumentation alles vertreten.
Es war insgesamt eine sehr angenehme Prüfung. Der Prüfer stellte sehr genaue Fragen und lenkte diese auch bereits in eine bestimmte Richtung, sodass man meistens wusste, worauf er hinaus will. Er machte einen sehr ruhigen Eindruck und führte angenehm durch die Prüfung.