Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im August 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer begrüßte uns und begann direkt damit uns einen Fall vorzulesen. Diesen las er so schnell vor, dass keiner von den Prüflingen richtig mitschreiben konnte. Auf Nachfrage las er den Fall dann ein erneutes Mal vor.
Der Fall (NJW 2017, 2099) stellte sie wie folgt dar: Es gab ein Ehepaar, die Frau (F) war Eigentümerin eines Grundstücks, dass sie an Ihren Ehemann (M) verpachtete. Dieser baute auf dem gepachteten Grundstück eine Windenergieanlage. Diese veräußerte er dann später an den B. Der B übernahm auch den Pachtvertrag mit F. Einige Zeit später starb die F. Ihre Tochter die S verlangt nun die Einräumung des Eigentums an der Windenergieanlage von B. Wer ist Eigentümer der Windenergieanlage, welche Ansprüche kann S geltend machen?
Den Einstieg machte ein Prüfling über den §985. Darauf sollte sie erklären auf was genau dieser Anspruch gerichtet ist. §985 ist auf Herausgabe gerichtet, sodass sich die Frage stellte, ob eine Windenergieanlage überhaupt herausgegeben werden kann. Dies wurde dann soweit eingegrenzt, dass es wohl darauf ankäme, ob die Anlage ein erheblicher Bestandteil eines Grundstücks geworden ist. Dann wurde nachgefragt, wie man denn Grundstücke herausgibt. Hier wurde geantwortet durch Übertragung der Herrschaftsgewalt und beispielsweise der Herausgabe des Schlüssels. Danach wurde noch gefragt mit welcher Klage man dieses heraus verlangen kann. Hier ist fälschlicherweise auf die Feststellungsklage (§256) eingegangen worden, anstatt auf Leistungsklage. Der Prüfer lies die Feststellungsklage jedoch zu und fragte noch nach dem Wortlaut des Feststellungsantrags und der Tenorierung des Urteils. Danach ging weiter mit einer Diskussion, ob §94 BGB einschlägig ist. Hier kam es ihm auf eine gute Diskussion und durchdachte Argumente an. Wir bejahten den §94 BGB und es folgte eine chronologische Eigentumsprüfung. Hierbei kam es dann auch darauf an, wie es sich verhalt das M und S in einer Erbengemeinschaft sind. Hier sollte auf die Erbteile und die prozessualen Möglichkeiten eingegangen werden. Bei der Erbengemeinschaft kann dies jedoch nur gemeinschaftlich geschehen, da sie auch gemeinschaftlich das Vermögen verwalten. Schließlich gab es noch eine kurze Diskussion, ob der Antrag auf Feststellung des Eigentums an der Anlage auch Erfolg hat, wenn das Gericht Miteigentum feststellt.
Dann wurde ein zweiter Fall geschildert: Das Pärchen X und Y leben gemeinsam in einer Wohnung zur Miete. Der Mietvertrag wurde nur mit X geschlossen, nicht mit der Y. Die beiden Trennen sich und X kündigt den Mietvertrag ordnungsgemäß. Er bezahlt alle noch ausstehenden Mietforderungen und zieht aus. Die Y bleibt jedoch dort wohnen und benutzt die Wohnung weiterhin für 6 Monate. Der Vermieter verlangt nun von X weiterhin Miete für diesen Zeitraum. Zu Recht?
Zunächst wurde hier die Wirksamkeit des Mietvertrages geprüft, bzw. das Ende des Mietverhältnisses. Es gab ein paar Mutmaßungen, dass die Y möglicherweise konkludent Partei des Mietvertrags geworden ist. Dies wurde jedoch direkt abgelehnt. Dann wurde noch ein möglicher Anspruch auf §280 wegen pflichtwidriger Rückgabe der Wohnung angesprochen. Letztlich wurde die Spezialregelung des §546a angesprochen. Dann war die Prüfung auch schon zu Ende.