Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
7,22 |
Gesamtnote 1. Examen |
7 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: protokollfest
Prüfungsthemen: Straßenverkehrsdelikte, StPO, Fahrlässige KV, Sachbeschädigung
Paragraphen: §229 StGB, §315b StGB, §303 StGB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer eröffnete die Gespräche mit dem Diktieren eines Falls. Man sollte sich vorstellen als Anwalt von einem Mandanten einen Sachverhalt geschildert zu bekommen. Der Mandant hat im Straßenverkehr einen Auffahrunfall mit einem Fahrschulauto gehabt. Den Umstand, dass es sich bei dem Wagen um ein Fahrschulauto handelte, hat er jedoch erst nachträglich eingeflochten. Die Person am Steuer des vorderen Fahrzeugs hat dabei nach dem Unfall über leichte Nackenschmerzen geklagt. Der Mandant insistierte darauf, dass er nicht mehr reagieren konnte. Wir sollten nun klären, was man dem Mandanten raten würde und welche möglichen strafrechtlichen Konsequenzen ihn erwarten (Prüfung der Strafbarkeit). Der Prüfer ging grundsätzlich alphabetisch vor, blieb aber sehr lange bei einem Prüfling. Da ich im Zivilrecht eine sehr sichere Prüfung abgeliefert habe, hat ich wenig Redeanteil und verweise daher für Details auf die Protokolle meiner Mitprüflinge. Geprüft wurden die §§ 315c, §315b. Er fragte dann nach den TB-Voraussetzungen und der Abgrenzung zwischen §§ 315c und b (verkehrsfremder Außeneingriff Inneneingriff). Auch wollte er das TB-Merkmal des “ fremde Sachen von bedeutendem Wert“ erläutert haben. Keiner von uns wusste jedoch, worauf er abgesehen vom wirtschaftlichen Wert (750€) hinauswollte. Er meinte, dass dann ja jedes Auto eine fremde Sache von bedeutendem Wert darstellen würde. Wie die Frage genau aufgelöst wurde, kann ich jedoch leider nicht wiedergeben. Man muss dazu sagen, dass der Prüfer dabei selbst lange Aufführungen getroffen hat und das Resultat nur ganz kurz erklärt hat. Im Anschluss wurde dann noch die Sachbeschädigung nach § 303 StGB geprüft und wegen der fahrlässigen Begehung verneint. Im Anschluss daran fragte der Prüfer recht protokollfest nach den Handlungsmöglichkeiten eines StA. Seine üblichen Fragen zum Ablauf des Verfahrens und den Strafanträgen (Unterschied Strafantrag und Strafanzeige) wurden abgefragt. Auch fragte er nach dem Unterschied zwischen einem Dach- und Prozessurteil (Urteil wegen Verfahrensfehlern oder Aburteilung des wegen des Sachverhalts). Thematisiert wurden auch die Privatklage und die Frage die Frage, wann eine solche nicht zu einem Urteil/Verhandlung führt (wenn ich die Frage richtig im Kopf habe). Er wollte jedenfalls darauf hinaus, dass die Staatsanwaltschaft bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses, die Verfolgung der Tat an sich zieht und selbst zur Anklage bringt. In diesem Zusammenhang wollte er auch den Unterschied zwischen öffentlichem und besonderem öffentlichem Interesse erläutert haben und fragte danach, wo genau das besondere öffentliche Interesse näher beschrieben wird (in den RiStBV). Vom Ablauf her ist die Prüfung aufgrund des Redeanteils vom Prüfer und des Wechsels zwischen dem materiellen und prozessualen Teil nur schwer zu rekonstruieren. Dazu kommt, dass ich persönlich wenig Redeanteil hatte und nur auf kurze Fragen, die teilweise außer mir niemand beantworten konnte, eine kurze prägnante Antwort geben durfte. Gewundert habe ich mich, dass der Prüfer bei der fahrlässigen KV (§ 229 StGB) nur die Prüfungsvoraussetzungen hören wollte (Sorgfaltspflichtverletzung und Pflichtwidrigkeitszusammenhang) hören wollte, diese jedoch nicht subsumiert haben wollte, sondern das Ergebnis vorgegeben und selbst angenommen hat. Hier konnte man sein Wissen leider nicht zeigen. Die Prüfung ging insgesamt jedoch schnell um, da der Prüfer immer in den Dialog gegangen ist und die Prüflinge relativ eindeutig zu der von ihm gewünschten Antwort geleitet hat.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im August 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.