Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen vom Dezember 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
A mietet ein Hotelzimmer. An der Rezeption erkundigt er sich, ob es eine Garage für sein Auto gäbe. Der Rezeptionist verneint dies und verweist ihn auf den hoteleigenen Parkplatz. Auf dem Parkplatz ist ein Schild angebracht auf dem „Parken auf eigene Gefahr“ steht. In der Nacht fällt ein Ast eines von innen morsch gewordenen Baumes auf das Auto und beschädigt es. A verlangt Schadenersatz von dem Hotelbetreiber und führt an, dass er von dem Rezeptionisten nicht auf das Schild auf dem Parkplatz hingewiesen worden ist, was auch zutreffend ist.
Kann A Schadensersatz verlangen?
Bei der Falllösung stürzten wir uns sofort auf den Mitvertrag gem. § 535 BGB und wollten aus § 280 I BGB einen Schadensersatzverlangen prüfen. Herr Herrmann wollte jedoch vorerst auf eine andere Vertragsart hinaus, doch keiner von uns ist auf die richtige Lösung gekommen, sodass Herr Herrmann uns auf den § 701 BGB hinwies. Dieser kommt allerdings aufgrund des Abs. 4 nicht zur Anwendung, da sich laut diesem die Ersatzpflicht u.a. nicht auf Fahrzeuge erstreckt.
Danach sind wir zurück zum Mietvertrag gekommen und haben diskutiert, ob der Morsche Baum einen Sachmangel i.S.v. § 536 BGB darstellen könnte, sodass sich ein Schadensersatzanspruch aus § 536a I BGB vorliegen könnte.
Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass durch den morschen Baum der vertragsgemäße Gebrauch des Parkplatzes nicht mehr gewährleistet ist und dadurch ein Mangel vorliegt, der allerdings erst während der Mietzeit entstanden ist (durch das Herunterfallen des Astes).
Somit kamen wir zum Verschulden des Vermieters. An dieser Stelle sind wir noch einmal auf den § 701 BGB zurückgekommen. Diesmal ging es allerdings um den Abs. 3. Nach diesem tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung auf durch höhere Gewalt zerstört wird. Höhere Gewalt liegt vor, wenn das schadensverursachende Ereignis von außen durch Naturkräfte oder durch Handlungen Dritter herbeigeführt wird und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung nahezu unvorhersehbar ist und auch durch den Einsatz äußerster Sorgfalt nicht verhindert werden kann.
Innerhalb des Verschuldens wurde natürlich das auf dem Parkplatz aufgestellte Schild thematisiert. Hierbei könnte es sich um AGB gem. §§ 305 ff. BGB handeln. Hierbei wurde besonders diskutiert, ob diese den wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind. Die Voraussetzungen dafür normiert § 305 II BGB.
Wir waren uns schnell einig, dass beim eigentlichen Vertragsschluss an der Rezeption, die AGB nicht wirksam einbezogen wurden, da der Rezeptionist keinen Hinweis zum Inhalt des Schildes gegeben hat. Diskussionswürdiger war die Frage, ob dies in dem Moment geschah, in dem der A auf den Parkplatz gefahren ist, das Schild sah und dennoch das Auto auf dem Parkplatz stehen ließ. Eine Überlegung war es, dass A durch das Stehenlassen des Autos konkludent in die Einbeziehung der AGB eingewilligt hat. Dieser Gedanke wurde jedoch schnell wieder verworfen und eine Einbeziehung verneint.
Ein wirksamer Haftungsausschluss liegt nicht vor, ein Schadensersatzanspruch des A ist gegeben.
Es folgte Fall 2:
B fährt mit seinem Auto und bleibt auf halber Strecke damit liegen. Daraufhin ruft er bei dem Abschleppunternehmer U an. Am Telefon wird folgendes vereinbart:
U schleppt den B zum ortsüblichen Preis ab und verbringt das Auto auf sein Gelände. Die Standgebühren dafür betragen 5 /Tag. Als B Tage später abholen möchte, verlangt U zusätzlich zu den entstandenen Standgebühren 100 € Abschleppkosten. B weigert sich diese zu zahlen.
Anspruch des U?
Falllösung:
U könnte einen Anspruch auf Zahlung der 100 € aus § 631 I BGB haben.
Dazu müsste ein wirksam geschlossener Werkvertrag i.S.v. § 631 BGB bestehen. Ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Dabei muss der Vertrag alle wesentlichen Bestandteile enthalten. Problematisch könnte in diesem Zusammenhang sein, dass kein genauer Preis zwischen den Parteien vereinbart worden ist. An dieser Stelle greift allerdings der § 632 BGB ein. Da vorliegend der U den B zum ortsüblichen Preis abgeschleppt hat, ist ein wirksamer Vertrag mit allen wesentlichen Vertragsbestandteilen zustande gekommen.
Der Werklohnanspruch wird allerdings erst mit der Abnahme des Werkes nach § 640 BGB fällig. Eine Abnahme ist in diesem Falle jedoch gem. §646 BGB nicht erforderlich.
Es somit ein Anspruch des U auf Zahlung von 100 € aus § 631 I BGB entstanden. Dieser Anspruch ist nicht untergangen und durchsetzbar.
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