Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Niedersachsen vom Juni 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im Juni 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 35
Zivilrecht 18
Strafrecht 4
Öffentliches Recht 13
Endpunkte 65
Endnote 7,33

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Schuldrecht AT, BGB AT, Gefälligkeit und dabei der Rechtsbindungswille, ergänzende Vertragsauslegung, Deliktsrecht

Paragraphen: §280 BGB, §662 BGB, §823 BGB, §133 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann mit einem Fall. Den Sachverhalt schilderte er mündlich. Der Sachverhalt war angelehnt an einen Fall des BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 467/15.
Eigentümer E und sein Nachbar N leben auf zwei aneinandergrenzenden Grundstücken. Da E einen längeren Urlaub plant, bittet er seinen Nachbarn N in der Zeit seiner Abwesenheit seinen Garten zu bewässern. N erklärt sich damit einverstanden.
Der Anschluss der Bewässerungsanlage am Haus des E ist an der Hauswand des E angebracht. Dabei hat der Wasserschlauch sowohl an der Außenzapfsäule ein Ventil zum Auf- und Abdrehen des Wassers sowie eine Spritze am Ende des Wasserschlauchs, die ebenfalls auf- bzw. zugedreht werden kann/muss.
Nachdem N den Garten des E bewässerte, drehte er zwar die Spritze am Wasserschlauch zu. Er vergaß jedoch, auch den Hahn an der Außenzapfstelle an der Hauswand zu schließen.
Dadurch lief die Nacht über weiterhin Wasser aus der Außenzapfstelle und es entstanden Wasserschäden im Untergeschoss des Hauses von E sowie an der Außenwand. Der Schaden des E belief sich auf 11000 €.
Diesen Schaden möchte E von N ersetzt bekommen. Der Prüfer ergänzte den Fall noch damit, dass N eine Haftpflichtversicherung hat. Diese Versicherung greift bei Bestehen einer gesetzlichen Haftungsbestimmung. Nach Schilderung des Sachverhalts fragte er, ob der Fall verstanden wurde. Wir bejahten dies. Sodann fing er an in alphabetischer Reihenfolge nach der Lösung zu fragen.
Der erste Prüfling nannte als mögliche Anspruchsgrundlage § 280 BGB und überlegte, ob in dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis ein Schuldverhältnis i.S.v. § 280 besteht. Dies wurde abgelehnt. Als Schuldverhältnis kam jedoch der Auftrag § 662 BGB in Betracht. Dies sollte von einer Gefälligkeit abgegrenzt werden. Er erwartete dabei die Prüfung des Rechtsbindungswillen und anhand welcher Kriterien und auf wessen Sicht es bei dieser Abgrenzung ankommt.
Beim Vertreten müssen fragte er nach anderen unentgeltlichen Schuldverhältnissen und wollte hören, dass die Besonderheit z.B. der Leihe die privilegierte Haftung ist. Eine solche besteht nicht beim Auftrag.
Weiter wurden die Voraussetzungen von § 823 I BGB geprüft und bejaht. Zum Schluss wurde kurz erläutert, dass hier die Haftpflichtversicherung des N greift, da § 823 I ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet.