Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Niedersachsen vom März 2023

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

9,1

Gesamtnote 1. Examen

10

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Aktuelle Entscheidung des EuGH zum Thermofenster vom 21.03.2023; Deliktsrecht; Amtshaftungsanspruch

Paragraphen: §823 BGB, §839 BGB, §253 ZPO, §10 StrG, §72a GVG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann die Prüfung damit, dass er fragte, ob wir das Urteil des EuGH zu den Thermofenstern in Dieselfahrzeugen vom 21.03.2023 kennen würden (die Prüfung fand einen Tag später statt!). Er fragte danach, was der EuGH entschieden hat und welche Auswirkungen das im deutschen Recht hat. Dann begann der eigentliche Fall. Der Radfahrer A fuhr im Februar um 8:20 mit seinem Rennrad bei Regen auf der Kreisstraße in Walsrode im Heidekreis und in Begleitung der B. Dies war eine „Trainingsfahrt“ und A kannte die Strecke. Dabei kam es zu einem Unfall. An einer Stelle kreuzen Bahnschienen die Straße in einem spitzen Winkel. Diese werden von der Bahn GmbH betrieben, welche die Schienen mit einer Freizeitbahn befährt (im Fall fuhr jedoch keine Bahn). Die Schienen ragten über die Fahrbahn hinaus, sodass A sich an ihnen verfing, stürzte und sich mehrere Verletzungen zuzog. Kann A Schmerzensgeld i.H.v. 1.500 € von der Bahn GmbH, der Stadt Walsrode oder dem Landkreis Heidekreis verlangen? Die Prüfung begann mit dem Anspruch § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG gegen den Landkreis. Die Prüfung verlief meines Erachtens sehr unsauber, einzelne TBM wurden nicht auseinandergehalten, aber der Prüfer schien nicht darauf zu bestehen, jedenfalls griff er nicht ein oder fragte Stück für Stück einzelne Tatbestandsmerkmale. Der Prüfer fragte, wo die entsprechende Amtspflicht zu finden sei. Er wies uns auf § 10 NStrG hin. (Obwohl er nach der konkreten Norm fragte, sagte er erst NStrG und fragte dann nochmal, daher denke ich, dass man sich durchaus hätte melden können, um nur das NStrG zu nennen). Hieraus ergab sich, dass der Träger der Straßenbaulast für die Sicherheit der Straßen zuständig sei, also der Landkreis für die Kreisstraße. Weiter wurde auch hier nur noch das Mitverschulden problematisiert. Der Nächste Anspruch, der geprüft wurde, war der gegen die Bahn GmbH. Anspruchsgrundlage war 823 I BGB. Einen ersten Schwerpunkt stellte die Begründung einer Verkehrssicherungspflicht dar. Nach dessen Bejahung wurde der Umfang des Schadensersatzes geprüft. Hier war insbesondere auf ein Mitverschulden des A einzugehen. Es schien mir, als wollte der Prüfer möglichst alles aus dem Sachverhalt hören wollte, was ein Mitverschulden des A begründen könnte. Sodann wollte der Prüfer wissen, wie der Anspruch geltend gemacht werden kann. Dann prüften wir die Zulässigkeit einer solchen Klage. Besonders wichtig war es die Zuständigkeiten der Gerichte zu kennen, als insbesondere den Besonderen Gerichtsstand des § 32 ZPO und den allgemeinen Gerichtsstand nach § 17 ZPO. Noch wichtiger war es sich mit den sachlichen Zuständigkeiten auszukennen.
Insbesondere, dass es eine besondere Zuständigkeit des LG für Amtshaftungsansprüche (§ 71 II Nr. 1 GVG) gibt. Zur örtlichen Zuständigkeit fragte er noch, welches konkrete Gericht zuständig sei, also das AG Walsrode und das LG Verden (§ 33 NJG, dies konnte erst mit seiner Hilfestellung beantwortet werden, wobei auch hier auch das Gesetz NJG schon hätte genannt werden können) Er fragte noch, ob beide Ansprüche in einem Verfahren geltend gemacht werden könnten. Dies wurde von einem Gericht bejaht, obwohl er nicht näher begründete, woraus dies folge. Dann wurden noch die Parteibezogenen Prozessvoraussetzungen geprüft, insbesondere die Postulationsfähigkeit. Der Prüfer fragte nach der Klageschrift und was diese enthalten muss. Und sodann, wie diese eingereicht werden muss. Dabei wollte er auf § 130d ZPO hinaus, wonach ein Schriftsatz von Anwälten elektronisch einzureichen sind. Zudem fragte der Prüfer, was der Zweck der Bildung von Kammern an der LGs für besondere Sachgebiete nach § 72a GVG sei. Der Prüfer stellte sehr detaillierte Fragen im Prozessrecht.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im März 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.