Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
10,29 |
Endnote |
11,37 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Heilbehandlungen; falsche Ärztin Gefährdung Straßenverkehr mit Pedelec
Paragraphen: §315c StGB, §315d StGB, §223 StGB, §69 StGB, §23 GVG
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall
Prüfungsgespräch:
Sie trug mündlich folgenden Fall vor: A fuhr mit einem Pedelec in einer nicht vorfahrtsberechtigten Straße mit 30 km/h. Er wollte möglichst schnell fahren und fuhr 35 km/h. In diesem Moment kam B von rechts mit dem Fahrrad. B verletzte sich und musste ins Krankenhaus. A konnte den Unfall nicht mehr verhindern und B auch nicht sehen. Die Prüferin fragte, ob wir Pedelecs kennen, und erklärte deren elektronische Unterstützung durch den Motor, die auf 25 km/h begrenzt ist. Wir sollten die Strafbarkeit prüfen. Eine Kollegin begann mit § 315c StGB. Wir diskutierten, ob ein grober Verstoß und eine Rücksichtslosigkeit vorlagen. Das Problem war die nur geringe Geschwindigkeitsüberschreitung. Ich bejahte den groben Verstoß, da A an der anscheinend unübersichtlichen Kreuzung deutlich hätte langsamer fahren müssen. Bei Nr. 2 a) zögerte ich etwas und meinte, dass bzgl. der Rücksichtslosigkeit wichtig sei, ob er stets die Vorfahrt missachtet, habe bzw. wie er darüber dachte. Die Prüferin meinte, er habe sich zur Vorfahrt keine Gedanken gemacht, aber diese jetzt auch nicht bewusst missachten wollen. Ich lehnte Nr. 1 dann ab. Das schien sie auch so zu sehen. Dann bejahte ich d). Dem schien sie sich anzuschließen. Ich sollte Vorsatz oder Fahrlässigkeit prüfen. Zunächst sollte ich die Vorsatzarten nennen. Ich grenzte insbesondere bewusste Fahrlässigkeit von dolus eventualis ab. Die Prüferin fragte mehrmals, auch hier, direkt nach dem Ergebnis. Das setzte mich etwas unter Druck, und ich gab vorschnell an, dass es sich um einen dolus eventualis handelte, wodurch ich das Argument, das mir zuvor eingefallen war, vergaß. Dagegen spricht die Gefahr der Selbstverletzung. Ich konzentrierte mich hauptsächlich auf die überhöhte Geschwindigkeit, da er so schnell war, dass der Unfall unvermeidbar war. Die Prüferin fragte die Klasse, was dagegenspreche. Niemand kam darauf, sodass ich mich melden konnte. Sie schaute uns alle an, hat die Frage aber nicht explizit freigegeben. Ich kam dran und nannte das Argument. Ein Kollege sollte dann die Fahrlässigkeit weiter prüfen. Das war auch etwas zäh. Wir kamen zu dem Schluss, dass es sich um eine Kombination aus Vorsatz und Fahrlässigkeit handelte. Die Prüferin wollte dann wissen, welche Maßnahmen die Polizei, die zu dem Unfall kam, ergreifen könne. Eine Kollegin nannte die Nebenstrafe. Aber die Prüferin führte sie dann zu § 69 StGB. Obwohl eigentlich § 111a StPO bestimmt gewollt war, fragte die Prüferin nicht danach. Wir prüften dann noch § 315d StGB. Eine Kollegin bestätigte, dass es sich um ein KFZ handelt. Komischerweise fragte Die Prüferin hier auch nicht in Richtung StVG. Dann diskutierten wir länger, ob mit höchstmöglicher Geschwindigkeit, die eines Sportwagens oder des jeweiligen Fahrzeugs in der konkreten Situation gemeint sei. Ich war der Meinung, dass es sich um die Geschwindigkeit des jeweiligen Fahrzeugs in der konkreten Situation handelt, mit dem Argument, dass sonst nur Sportwagen Tatmittel sein könnten, und selbst die nicht immer ihre Fähigkeiten ausreizen könnten. Das spreche auch gegen den Schutzzweck. Die Prüferin stellte dann einen neuen Fall vor. Es war kurz vor Ende der Prüfung, etwa 10 Minuten vor Schluss. Der Fall betraf eine Ärztin, die einen Patienten operiert hatte. Es stellte sich jedoch heraus, dass sie keine echte Ärztin war. Sie hatte weder studiert noch das Studium bestanden (ich bin mir nicht sicher, welches davon zutraf). Sie hatte ihre Approbation gefälscht. Die Frage war, ob sie strafbar/wie sie strafbar ist. Die Prüferin bat einen einzigen Kollegen, seine Meinung zu äußern. Dieser Kollege erwähnte kurz die Tatbestands- und die Rechtfertigungslösung. Er gab die Definitionen ohne nähere Erläuterung an und erklärte, dass die Rechtfertigungslösung die bessere Option sei, da sie die Patientenautonomie besser schütze. Ich erinnere mich nicht mehr genau, ob er das gefährliche Werkzeug bejaht hat oder nicht. Die Prüfung verlief hier etwas zäh, aber dennoch zügig, wenn auch etwas unklar. Anschließend bat die Prüferin eine andere Kollegin, das zuständige Gericht zu nennen. Ich übernahm dann und nannte §§ 24, 25 GVG und den Strafrichter. Außerdem sollte ich einen anderen Spruchkörper am Amtsgericht nennen. Zuerst versprach ich mich und sagte „Strafgerichte“, korrigierte mich aber dann zu „Schöffengerichte“. Nachdem ich meine Antwort gegeben hatte, beendete die Prüferin die Prüfung und sagte freundlich: „Ich habe Sie nun genug gequält.“
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen vom März 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.