Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Juli 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 |
Vorpunkte | 6,7 |
Zivilrecht | 12 |
Strafrecht | 12 |
Öffentliches Recht | 12 |
Endpunkte | 12 |
Endnote | 8,5 |
Prüfungsgespräch:
Wir waren in unserer Prüfung nur zu dritt, daher waren die einzelnen Prüfungsgespräche recht kurz und vermutlich nicht voll repräsentativ für eine reguläre Prüfung bei Herr Drees.
Der Prüfer stellte zunächst einen kurzen Fall – A, B und C sind Mitglieder eines Hooligan-Vereins, der sich regelmäßig mit anderen Vereinen trifft um sich zu prügeln. Dabei werden bestimmte Verhaltensregeln aufgestellt, insbesondere nicht mehr weiter zu schlagen, wenn der Kontrahent aufgegeben hat.
Bei einer solchen Prügeleien verletzt A den X dann so schwer, dass dieser mit einer Gehirnblutung ins Koma fällt.
Die beiden anderen Kandidaten haben dann zunächst Delikte aufgezählt, die in Frage kommen könnten, insbesondere (gefährliche bzw. schwere) Körperverletzung und die Teilnahme an einer Schlägerei gem. § 231 StGB. Eine Mitkandidatin hat dann angefangen die KV durchzuprüfen, wobei der Prüfer keinerlei Definitionen oder großen Ausführungen hören wollte, weil der Tatbestand ja unstreitig vorlag. Ihm kam es vor allem auf die Qualifikationen aus § 224 bzw. § 226 an und er wollte zu einzelnen Tatvarianten Ausführungen zu abstrakter bzw. konkreter Gefährlichkeit hören.
Nachdem meine Mitkandidaten insofern die schwere KV bejaht hatten, sollte ich mit der Rechtswidrigkeit fortfahren und – nachdem ich eine Einwilligung des X grundsätzlich bestätigt hatte insbesondere auf die Einwilligungseinschränkung aus § 228 eingehen. Danach wurde es eher etwas verfassungsrechtlich bzw. rechtspolitisch, da wir am Begriff der „Sittenwidrigkeit“ die Probleme bzgl. des Bestimmtheitsgebots aus Art. 103 II GG herleiten und uns damit auseinandersetzen sollten, wie man die „Sittenwidrigkeit“ nach § 228 überhaupt bestimmen kann. Insofern kommt es insbesondere auf die Gefährlichkeit der geplanten KV-Handlung und auch die Motive dahinter an. Im Anschluss sollte ich noch ausführen, warum § 216 rechtspolitisch problematisch ist (Einwilligung in Fremdtötung nicht möglich, Selbsttötung und insb. auch Beteiligung an der Selbsttötung aber straflos) und inwiefern sich hierin eine kriminalpolitische Entscheidung des Gesetzgebers widerspiegelt. Danach sind wir noch kurz auf die Indizwirkung des § 216 für die Auslegung des § 228 eingegangen. Damit war die Prüfung auch schon vorbei, obwohl wir sogar um ca. 10 Minuten überzogen haben.
Insgesamt war der Prüfer sehr freundlich, erwartet aber dass man sich mit den eher ethischen Fragen und dem „Sinn“ hinter Strafnormen auseinandersetzt – Definitionen, Meinungsstreite und auswendig gelernte Problemstände wollte er hingegen überhaupt nicht hören.