Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW vom November 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
A begibt sich eines Nachts mit seinem Auto zum Ortseingangsschild der Stadt Hückerswerda. Dort angekommen, schraubt er zwei Ortseingangsschilder ab, lädt diese in den Kofferraum seines Autos und begibt sich zum Ortseingang der Stadt Wuppertal. Dort befestigt er die Schilder aus Hückerswerda über den Schildern der Stadt Wuppertal.
Bereits am nächsten Morgen fällt die Tat des A auf. Die zuständigen Behörden lassen daraufhin die Schilder wieder an ihren angestammten Platz verbringen.
Zu Schaden ist niemand gekommen. A wollte sich lediglich einen Scherz erlauben.
Zu prüfen war die Strafbarkeit des A nach dem StGB.
Begonnen wurde mit einer Strafbarkeit wegen Diebstahl nach § 242 StGB, wobei auf ein
Regelbeispiel nach § 243 angesprochen, aber verworfen werden sollte, da keine der Nummern des § 243 einschlägig war.
Eine fremde bewegliche Sache lag unproblematisch im Ortseingangsschild der Stadt Hückerswerda vor. Durch das Abschrauben des Schildes hat A auch den Gewahrsam der Stadt gebrochen. Dieser bestand auch unabhängig von der tatsächlichen Sachherrschaft.
Zu Problematisieren war vor allem die Zueignungsabsicht innerhalb des subjektiven Tatbestands.
Diese teilt sich in Zueignungsabsicht und Enteignungswillen auf.
Sowohl die Zueignungsabsicht als auch der Enteignungswille waren hier problematisch. A wollte sich weder den Sachwert des Schildes noch einen etwaigen im Schild verkörperten Wert zueignen. Weiterhin rechnete er wohl (zumindest laut der Prüferin) damit, dass die Schilder alsbald an ihren angestammten Ort zurückgebracht werden würden.
Die Absicht rechtswidriger Zueignung sollte daher abgelehnt werden.
A hat sich daher nicht wegen § 242 StGB strafbar gemacht, indem er das Ortseingangsschild von Hückerswerda abschraubte.
Daraufhin war eine Strafbarkeit nach § 267 StGB zu prüfen:
Hier sollte zunächst die Definition einer Urkunde wiedergegeben werden:
„… jede verkörperte Gedankenerklärung, die ihren Aussteller erkennen lässt und zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet ist.“
Ein Ortseingangsschild stellt eine Gedankenerklärung dar und erfüllt auch die weiteren Merkmale eine Urkunde. Eine Besonderheit besteht darin, dass das Schild erst durch den Akt des Aufstellens seine Eigenschaft als Urkunde erhält (zusammengesetzte Urkunde).
Fraglich war weiterhin, welche Tatbestandsvariante der A erfüllt haben könnte.
Es wurde sich nach einiger Diskussion für die Variante der Verfälschung einer echten Urkunde entschieden.
Problematisch war auch hier das subjektive Merkmal der Täuschung im Rechtsverkehrs.
Vorliegend wollte A sich lediglich einen „Scherz“ erlauben. Zudem war auch die Beweismittelfunktion des Verkehrsschildes fraglich. Sodass zuletzt auch das subjektive Merkmal der Täuschung im Rechtsverkehr abgelehnt wurde.
Die Prüferin schloss die Prüfung mit einigen ihrer Standardfragen zur StPO ab.
Im Wesentlichen ging es ihr um die instanziellen Zuständigkeiten des Amtsgerichtes abhängig von der zu erwartenden Strafe.
Auch die Verdachtsgrade der StPO sowie der Gang des Strafverfahrens wurden abgefragt.
Die Prüfung schloss mit einem Klassiker aus den Prüfungen von dieser Prüferin – den Voraussetzungen der Untersuchungshaft und des Haftbefehls.
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