Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Juli 2022

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1 2

Note staatl. Teil 1. Examen

8,8 8,4

Gesamtnote 1. Examen

9,16 8,88

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Dienstvertragsrecht

Paragraphen: §615 BGB, §1626 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer hat folgenden Sachverhalt vorgelesen: Der Minderjährige M ist krank; seine Eltern wollen diesem Umstand mit einer ergotherapeutischen Behandlung entgegenwirken. Für dieses Vorhaben haben Sie mehrere Behandlungsstunden bei der Ergotherapeutin A gebucht. An einem dieser Behandlungsstunden, waren die Eltern verhindert und mussten eine Stunde absagen. Daraufhin entgegnete die A, dass die Eltern an diese Stunde gebunden seien und trotz nicht erfolgter Behandlung zur Erbringung der Vergütung verpflichtet seien. Hat die A Anspruch auf Zahlung der Vergütung? Der Prüfer fragte zunächst Prüfling 1 (P 1), ob Sie das vorliegende Verhältnis in die bekannten Vertragstypen einordnen könnte. P 1 deutet an, dass es sich zum um einen Werkvertrag oder Dienstleitungsvertrag handeln könnte. Dabei wurde zwischen Werkvertrag und Dienstleitungsvertrag abgegrenzt. P 1 erklärte, dass für das Vorliegen eines Werkvertrages erforderlich ist, dass ein gewisser Erfolg geschuldet sein soll. Dies wurde im vorliegenden Fall richtigerweise verneint. Vielmehr wurde ein Dienstvertrag nach § 611 BGB bejaht. Daraufhin fragte der Prüfer inwieweit der Behandlungsvertrag nach § 630a BGB hier eine Rolle spielen könnte. P 1 erwiderte, dass der Behandlungsvertrag nach § 630a BGB ein Spezialfall des Dienstvertrages nach § 611 BGB darstellt. Der Prüfer fragte, wie P 1 darauf kommt. P 1 argumentierte mit der Systematik: Der Behandlungsvertrag steht im 2. Untertitel. Weiter verwies P 1 auf den § 630b BGB der die Vorschriften des Dienstvertrages für den Behandlungsvertrag für entsprechend anwendbar erklärt. Diese Ausführungen gefielen dem Prüfer sehr. Er quittierte die Antworten mit „sehr schön argumentiert“. Weiter fragte er P 1 wer hier verpflichtet wurde, die Eltern oder der M selbst. P 1 brachte hier der V Z D gem. § 328 BGB ins Spiel. Dies wurde auch mit einem „gut“ bewertet. Weiter fragte er P 2, welche rechtliche Konstruktion vorliegen würde, wenn nur der M Vertragspartner geworden wäre. P 2 antwortete, dass dann eine Vertretung gem. §§ 164 ff. BGB vorliegen würde. Daraufhin wurden von P 2 die Voraussetzungen einer wirksamen Vertretung geprüft. Dabei wurde insbesondere auf die gesetzliche Vertretungsmacht der Eltern nach § 1629 BGB eingegangen. Weiter wurde gefragt, welche der beiden möglichen Varianten hier vorliegt. Wir sind zum Ergebnis gekommen, dass es sinnvoller ist, wenn hier ein V Z D gem. § 328 BGB vorliegen würde. Der Prüfer fragte P 2 warum dies der Fall sein sollte. P 2 erwiderte, dass es zum einen deswegen vorteilhaft ist, dass beide Parteien, also sowohl die Eltern als auch der M, berechtigt wären die Leistung zu fordern. Zum anderen wurde darauf hingewiesen, dass die Eltern auch aufgrund ihrer Sorgepflicht aus § 1626 Abs. 1 BGB ein Interesse daran haben selbst Vertragspartei zu sein. Letzteres wurde mit einem „schön“ gewürdigt. Dann wurde danach gefragt, ob die A nun ihrer Vergütung verlangen könnte. Es wurde darüber diskutiert, ob hier ein Fall des § 326 Abs.1 BGB vorliegen könnte. Dafür müsste die Leistung der A unmöglich geworden sein. Es war also zu thematisieren, ob die Leistung der A absoluten Fixschuld Charakter hat. Dies wurde verneint. Weiter wurde § 615 BGB in Form des Annahmeverzuges geprüft. Wir sind zum Ergebnis gekommen, dass ein solcher Fall auch nicht vorliegt, sodass keiner der Fälle von „Lohn ohne Arbeit“ vorliegt. Damit war die Prüfung bereits vorbei.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im Juli 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.