Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Saarland vom Februar 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland im Februar 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 7,57
Zivilrecht 13
Strafrecht 13
Öffentliches Recht 12
Endpunkte 12,6
Endnote 9,06

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Polizeirecht, Versammlungsrecht, Bodycams

Paragraphen: §40 VwGO, §27 PolG

Prüfungsgespräch: lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Zu Beginn wurde langsam und ausführlich ein Fall geschildert (unter anderem ausgewählt, da ein Prüfling Datenschutzrecht als Schwerpunkt hatte):
Nach dem Rosenmontagsumzug begeben sich viele Personen in das nahe gelegene Einkaufszentrum. Da es hierbei in der Vergangenheit häufiger zu tätlichen Auseinandersetzungen kam, sollte im Einverständnis mit der Hausrechtsinhaberin eine verstärkte Polizeipräsenz gegeben sein.
So war der Vollzugspolizist P vor Ort. Er beobachtete in einer kleineren Ansammlung eine als Clown verkleidete Person C. Diese schwank einen Knüppel in Richtung eines Dritten, auch in Kopfnähe. Diese war nicht verkleidet und machte auf P einen verängstlichten Eindruck. P der eine Bodycam trug und eine Aufschrift „Vorsicht Aufnahme“ begab sich zu C. Er forderte diesen auf sein Verhalten zu unterlassen. Daraufhin schwang C die Keule in Richtung Kopf des P. P aktivierte die Bodycam. C dachte P sei auch bloß verkleidet und fühlte sich zusätzlich angestachelt. Erst als ein weiterer Polizist hinzukam, erkannte C, dass P „echt“ ist, ließ die Keule fallen und murmelte, es täte ihm Leid. Es stellte sich heraus, dass die Keule aus Schaumstoff war, allerdings sah sie täuschend echt nach einer Keule aus Holz aus. Die Aufnahme wurde nach Dienstschluss gelöscht.
Ein Freund des C (Jurastudent) findet, das Verhalten des P sei total überzogen gewesen und die Aufzeichnung absolut nicht in Ordnung. C der nächstes Jahr wieder am Umzug teilnehmen möchte, will nun wissen, was er gerichtlich unternehmen kann.
Wir begannen die Prüfung mit § 40 I VwGO, wobei genau definiert werden musste.
Außerdem sollten Beispiele für aufdrängende und abdrängende Sonderzuweisungen genannt werden.
Als streit entscheidende Normen wurde das SPolG genannt.
Bei der statthaften Klageart führte der Prüfer zunächst zur Anfechtungsklage und wollte wissen, ob ein VA gegeben sei. Dies wurde verneint, sondern ein Realakt angenommen.
Mangels VA kommen auch eine Verpflichtungsklage und eine FFK (analog) nicht in Betracht. Die allgemeine Leistungsklage scheidet deshalb aus, da diese eine fortdauernde Maßnahme voraussetzt (hier aber bereits erledigt).
Statthaft ist deshalb die allgemeine Feststellungsklage in Form einer negativen Feststellungsklage.
Klagebefugnis § 42 II BGB analog. Hier möglicherweise in APR verletzt. Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Recht am Eigenen Bild/Ton.
Klagegegner (Land Saarland vert.d.d. Ministerpräsidenten).
Feststellungsinteresse, hier qualifiziert, da erledigt. Aber Wiederholungsgefahr und Rehabilitationsinteresse.
Bei der Begründetheit begannen wir damit, dass es einer Ermächtigungsgrundlage bedarf.
Warum? Vorbehalt des Gesetzes. Wo normiert? Art. 20 III GG.
Danach prüften wir das Grundrecht APR durch. Sachlicher und persönlicher Schutzbereich.
Was genau ist informationelle Selbstbestimmung. Wo kommt das Grundrecht überhaupt her?
Rechtsprechung BVerfG. Welche Entscheidung lag dem zugrunde: Volkszählung 15.12.1983.
Eingriff musste definiert werden. Hier (+) aber eventuell Einwilligung des C? Dies wurde von uns abgelehnt, da diese nicht ausdrücklich und freiwillig erfolgte. Vielmehr unterlag der C dem Irrtum, P sei bloß eine verkleidete Person.
Also brauchen wir eine Ermächtigungsgrundlage. Hier erfolgte eine Abgrenzung zwischen SPolG und VersG. VersG hier (-), da kein auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteter gemeinsamer Zweck, sondern bloße Ansammlung.
Möglich wäre hier § 27 II Nr.1 oder III SPolG. Hier ging es nur noch schnell darum sich für Absatz 3 zu entscheiden.
Die Prüfung schloss mit der Frage, ob eine Bodycam überhaupt hierunter fallen würde. Im Gesetz steht nicht das Wort „Bodycam“. Ein Blick in den Gesetzesentwurf klärt dies jedoch. § 27 SPolG gerade hierfür da.